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Unternehmer im Irak klagen über fehlende US-Unterstützung

Von Bertrand Rosenthal

Politik

Frustriert schüttelt Sabah Asaad den Kopf: "Die alte Bürokratie wurde einfach durch eine neue ersetzt." Der Iraker ist Chef einer Firma für die Produktion von Elektrogeräten. Sein Zorn richtet sich gegen die Besatzungstruppen im Irak. Denn wie vielen irakischen Unternehmern machen dem Geschäftsmann die Sicherheitslage auf den Straßen Bagdads und eingefrorene Firmenkonten zu schaffen.


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Schuld an der Situation sind für Asaad die US- und britischen Streitkräfte: "Ich habe mich bereits mehrmals mit Offizieren der Koalitionstruppen getroffen. Sie hören zwar zu, helfen mir aber nicht weiter. Sie kümmern sich weder um die Sicherheit des Fabrikgeländes, noch um die Stromversorgung." Denn Asaad würde die Firma, die sich auf Gefriertruhen spezialisiert hat, gerne wieder zum Laufen bekommen.

Die Elektrofirma war seit 1959 zu 49 Prozent in der Hand von privaten Investoren. Saddam Hussein selbst und seine Baath-Partei waren mit 38 Prozent und 13 Prozent beteiligt. Zwar wurden sämtliche Geräte im Nachkriegschaos aus einem Lagerhaus im Süden Bagdads gestohlen, die Produktionsmaschinen allerdings verschont. "Wir werden bis Ende August die Produktion wieder aufnehmen", sagt Asaad. "Ich habe mein privates Geld investiert und musste Kredite aufnehmen, damit wir das notwendige Material für die Produktion kaufen können. Unsere Firmenkonten sind noch eingefroren."

Asaad ist nicht der einzige unzufriedene Unternehmer in der irakischen Hauptstadt. Nur ein paar Häuser weiter hat National Chemical and Plastics Industries (NCPI) seinen Sitz. Zwar hat das Unternehmen seine Produktion von allgemeinen Gebrauchsgegenständen teilweise schon wieder aufgenommen, allerdings mit PVC aus Vorkriegszeiten, erzählt eine Managerin, die ihren Namen nicht genannt wissen will. Auch sie wartet auf die Freigabe der Firmenkonten. Für die Zukunft hat sie bereits klare Vorstellungen: "Die Firma wird privatisiert," sagt sie. Der genaue Zeitpunkt und die Vorgehensweise seien aber auch für sie noch ein Rätsel.

Dabei geben sich in ihrem Büro schon jetzt ausländische Investoren die Klinke in die Hand. "Wir überprüfen bereits unsere Produktionslinien. Wenn der Markt wieder geöffnet ist, wollen wir konkurrenzfähig sein", sagt die Geschäftsfrau. Wenigstens die Türen, die US-Soldaten während des Krieges eingetreten hatten, sind schon einmal repariert. Und schwere Zeiten ist die Firma gewohnt. Nach dem Golfkrieg 1991 und dem Handels-Embargo der Vereinten Nationen wurde die Produktion auf zehn Prozent der ursprünglichen Menge herunter gefahren.

Für Salah Ali Mahdi sind die Amerikaner schlichtweg inkompetent. Der 58-jährige Techniker arbeitet für Bagdads größtes Elektrizitätswerk Daura und hat bereits 33 Jahre Berufserfahrung. So schlecht wie im Augenblick waren die Arbeitsbedingungen aber selten. Auch während des Golfkrieges 1991 sei ein großer Teil der Anlagen zerstört worden, sagt Mahdi. "Nach drei Monaten konnten wir aber wieder produzieren." Zur Zeit ist das Kraftwerk nur zur Hälfte betriebsbereit. Wartungsarbeiten sind laut Mahdi dringend nötig. Von den Amerikanern habe er aber bisher nur leere Versprechungen erhalten. Sein Unternehmen dürfe keinen Cent ohne Genehmigung ausgeben und Ersatzteile gebe es auch keine, murrt er.

Ob sich an der Situation schnell etwas ändert, ist ungewiss. Für Richard Jireissati von der libanesischen Investment-Firma GMD fehlt ein Privatisierungsgesetz. "So lange es das nicht gibt und die Sicherheitslage sich nicht bessert, werden die großen Investoren wegbleiben."