Bank fordert von einem Kunden 148.000 Euro. | Kunde will von Zinswetten nichts gewusst haben.
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Wien. Die umstrittenen Devisenoptionsgeschäfte der Raiffeisenlandesbank (RLB) Niederösterreich-Wien ziehen weite Kreise.
Wie die "Wiener Zeitung" berichtete, sind zumindest vierzehn niederösterreichische Gemeinden mit möglichen Verlusten aus komplexen Schweizer-Franken-Zinsswaps konfrontiert.
Im Fall der Gemeinde Payerbach, die von Rechtsanwalt Lukas Aigner, Kanzlei Kraft & Winternitz, vertreten wird, hat die RLB die offenen Forderungen bisher noch nicht eingemahnt, obwohl Payerbach die Zahlungen bereits eingestellt hat. Payerbach setzt, wie die anderen 13 Kommunen, auf Gespräche mit der Bank zwecks Schadenswiedergutmachung.
Der Wiener Agrar-Unternehmer Erwin W., der unter anderem Mähdrescher vermietet, fiel aus allen Wolken, als er von der RLB NÖ-Wien zur Zahlung in Höhe von 148.000 Euro plus 13,37 Prozent Zinsen aufgefordert wurde. Mangels Zahlung flatterte ihm dann auch gleich eine Klage ins Haus.
Im Mittelpunkt der Klage steht die Verlustabdeckung aus einem Währungstermingeschäft mit Schweizer Franken ("CHF gelinkte Euro-Caps"). Seit Mitte Mai steht Erwin W. als Beklagter vor Gericht.
Bank gewechselt
"Mein Mandant hat 2009 von der Raiffeisenlandesbank auf die Gärtnerbank umgeschuldet, aber 2010 hat er von der RLB einen Brief erhalten, dass sie für Finanztermingeschäfte rund 150.000 Euro von ihm fordern", sagt Hannes Schmidt, Rechtsanwalt des Unternehmers aus Wien-Kagran. "Er hat sich anfangs nicht ausgekannt und hat seinen Steuerberater zwecks Aufklärung hingeschickt." Erwin W. bestreitet, ein solches Geschäft überhaupt wissentlich eingegangen zu sein.
Die Bank legte zwar einen entsprechenden Rahmenvertrag samt Anlegerprofil vor, aber Anwalt Schmidt hegt starke Zweifel an der Richtigkeit dieser Unterlagen beziehungsweise an einem rechtsmäßigen Zustandekommen des Vertrages. Der Vertrag, der der "Wiener Zeitung" in Kopie vorliegt, ist mit 2. Juni 2008 datiert.
Keine Spekulationen
"Mein Mandant tätigte nie Spekulationsgeschäfte, schon gar nicht solche, mit welchen nicht nur ein Totalverlust, sondern darüber hinaus sogar ein unlimitiertes Verlustrisiko verbunden war", kontert Schmidt in einer schriftlichen Stellungnahme ans Gericht. "Da mein Mandant alle Kreditlinien umschuldete, bestand für ihn zudem auch kein vernünftiger Grund, einen Kredit rein für ein hochspekulatives Devisenoptionsgeschäft aufzunehmen, bei welchem er gar keine Aussicht auf Gewinn hat." Nachsatz: "Völlig unlogisch ist, dass das Guthabenskonto, das nach der Kontoumschichtung zur Gärtnerbank bei der RLB belassen wurde, als Verrechnungskonto für ein angeblich von meinem Mandanten ausdrücklich gewünschtes Spekulationsgeschäft herangezogen wurde."
"Er kann sich nur erinnern, dass die Bank irgendetwas, aus einer Notwendigkeit der Zinsabsicherung durch Schweizer Franken, empfohlen hat, da die Zinsen steigen und steigen würden", brachte Schmidt bei Gericht vor. "Mein Mandant wurde "niemals über die Risiken von Devisenoptionsgeschäften und schon gar nicht über das gegenständliche Geschäft aufgeklärt." Nachsatz: "Er fühlt sich von der Bank in die dunkle Nacht geführt."
Vorwürfe bestritten
Die Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien bestreitet die Darstellung des früheren Kunden, wie aus dem Gerichtsprotokoll hervorgeht. Die Bank beruft sich in diesem Fall auf das Bankgeheimnis. Laut RLB-Sprecher Peter Wesely könne die Bank nur dann Auskunft über den Fall geben, wenn ihr eine schriftliche Zustimmung zur Aufhebung des Bankgeheimnisses durch den Unternehmer Erwin W. vorliege.