Zum Hauptinhalt springen

Unverhofft kommt oft

Von Werner Reisinger

Politik

Interview: Für den Korneuburger ÖVP-Stadtrat Andreas Minnich kam der Einzug in den Nationalrat überraschend.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 5 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Nationalratsabgeordneter Andreas Minnich (ÖVP).
© Moritz Ziegler

So wirklich gerechnet hat Andreas Minnich mit seinem neuen Job nicht. Der Inhaber eines Modehauses in Korneuburg schaffte bei der Nationalratswahl im Oktober als zweiter Weinviertler ÖVP-Politiker neben Eva-Maria Himmelbauer ein Direktmandat in seinem Wahlkreis. Der 45-jährige ist erst seit 2006 in der Politik, zuerst als Gemeinde-, dann als Stadtrat in Korneuburg. So wirklich sicher, welche Themen er im Nationalrat anpacken will, ist er sich allerdings noch nicht. Wirtschaftspolitik soll es jedenfalls sein, auch Aussenpolitik interessiert ihn. Ein Gespräch über Wählerbindung, das Bild des Parlaments in der Öffentlichkeit und den Kurs der Europäischen Union.

"Wiener Zeitung": Herr Minnich, was hat Sie dazu gebracht, es auf dem Parkett der Bundespolitik zu versuchen?

Andreas Minnich: Ehrlich gesagt war das bisher nie so der große Plan. Viele Dinge ergeben sich erst im Laufe der Zeit. Nach meinem Einstieg in die Kommunalpolitik 2006, als Gemeinderat, hat sich sehr schnell gezeigt, dass man doch das eine oder andere positiv bewirken kann. Auch als Stadtrat ab dem Jahr 2011 konnte ich viel gestalten. So hat das eine das andere ergeben.

Sie kommen aus der Kommunalpolitik. Welchen Themen wollen Sie bearbeiten?

Mein Thema ist sicherlich vor allem die Wirtschaft, aber auch die Menschen an sich. Für mich ist wichtig, dass ich viel in Aktion treten kann, noch aber ist nicht absehbar, in welche Ausschüsse es mich ziehen wird.

Ein Anliegen neben der Wirtschaft ist mir aber besonders wichtig, und dass ist die Politik auf europäischer und auf außenpolitischer Ebene. Ich hoffe auf eine Überraschung beim Brexit, auf einen alternativen Weg. Ich hoffe nicht, dass sich die Europäische Union zurückentwickelt, Europa ist nach wie vor eine riesige Chance für uns. Wir haben zu hart daran gearbeitet, als dass es ein Zurückdrehen der europäischen Integration geben könnte. Diese Themen sind mir wichtig.

In Interviews mit Regionalzeitungen haben Sie gesagt, Sie wollen vor allem die Korneuburger vertreten. Was genau wollen Sie da tun, und welche Anliegen werden an Sie herangetragen?

Wir sind im Speckgürtel von Wien wirtschaftlich sehr gut aufgestellt. Es ist aber sehr wichtig, hier vor allem noch mehr auf die Situation bei den Arbeitsplätzen zu schauen. Aber auch Verkehr und Mobilität sind bei uns Kernthemen.

Wie stehen Sie denn als Vertreter einer Pendler-Region zum Thema Klimawandel? Der Ökonom Christoph Bardelt spricht sich für eine CO2-Steuer aus und sagt, er halte die "populistische Abwertung" einer solchen Maßnahme nicht mehr aus. Hat er recht?

Wir haben gesehen, dass sich viele Themen auch im Kleinen verbessern lassen. Wir haben es geschafft, den 15-Minuten-Takt einzuführen, und viele Nachjustierungen bei den Öffis und bei Bussen erwirkt. Wir haben das IST-Mobil (Interface for smart Transport, eine Vernetzungsplatzform für lokale Transportunternehmer im ländlichen Raum, Anm.) eingeführt, um die Leute im urbanen und im ländlichen Raum näher zusammenbringen. Hier lässt sich sicher noch das eine oder andere Rädchen drehen.

Sicherlich ist das Thema Verkehr- oder Emissionsbesteuerung ein großes Spannungsfeld, Ihre Partei ist ja aktuell in Sondierungsgesprächen. Also eher Bestehendes ausbauen?

Da werden die Verhandlungen zeigen, wo sich nach der Diskussion der Konsens hinbewegt. Wir werden sehen, wo die Reise hingeht.

Der Klimawandel könnte Ihrer Region landwirtschaftlich schaden, die Weinsorte Grüner Veltliner ist anfällig für die Hitze, die uns laut Prognosen aufgrund des Klimawandels ins Haus steht. Was soll dagegen unternommen werden?

Ich denke, dass wir hier gut aufgestellt sind. Anscheinend ist es so, dass die klimatischen Veränderungen dazu führen werden, dass auch unsere Böden ausgezeichnete Rotweine hergeben. Ich glaube nicht, dass es den Veltliner treffen wird. Und von den Sorten her sind wir inzwischen sehr gut aufgestellt.

Der nun ausgeschiedene Liste-Jetzt-Abgeordnete Alfred Noll hat unlängst in der ORF-"ZiB2" dem neu eingezogenen Neos-Abgeordneten Helmut Brandstätter erklärt, warum er trotz seines Enthusiasmus schnell enttäuscht sein werde, vom Alltag im Parlament. Fast alles sei ausgemacht, das sei auch der Grund, wieso die Abgeordneten oft "ins Leere sprechen würden". Der Handlungsspielraum der einzelnen Abgeordneten sei gelinde gesagt begrenzt. Braucht es mehr Spielraum für den Einzelnen?

Ich bin jetzt einmal prinzipiell total begeistert von der freundschaftlichen Aufnahme im Parlament, auch von den anderen Fraktionen. Dass versucht wird, auch über die Parteigrenzen hinweg gut zusammenzuarbeiten. Es ist klar, dass es eine gute Auseinandersetzung gibt, auch hart in der Sache, aber am Ende des Tages steht eben ein Kompromiss. Es muss am Ende des Tages auch verbindende Ansagen geben.

Die ehemalige Dritte Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller hat offensichtlich bei einem Antrag zu einer möglichen Auflösung der Vereine der rechtsextremen Identitären das Abstimmungsergebnis falsch gewertet. Trotzdem gilt das Ergebnis. Welches Bild vermittelt das österreichische Parlament nach außen?

Es ist zwar nicht meine Entscheidung, aber man sollte über eine elektronische Abstimmung im Parlament definitiv nachdenken.

Andreas Minnich (45) wurde 2006 Gemeinderat in seiner Heimatstadt Korneuburg. 2011 wurde er Wirtschafts- und Kulturstadtrat, aufgrund des Stimmenzuwachses der ÖVP bei den Nationalratswahlen Ende September (42,8 Prozent, plus 6,8 Prozentpunkte im Bezirk Korneuburg) erhielt der Inhaber eines Modehauses das zweite ÖVP-Direktmandat im Weinviertel.