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In Syrien setzen die Kriegsparteien zum Schlussakt in der seit sieben Jahren andauernden Tragödie an. Und das in einer Region, die ihre Geschichte seit hundert Jahren als lange Serie von Kriegen und Gewalt erzählt, allenfalls unterbrochen von kurzen Momenten eines stets fragilen Waffenstillstands.
Erst wenn die Schlacht um Idlib, die letzte in Rebellenhand verbliebene Region in Syrien, geschlagen ist, wenn es für das Regime und seine Verbündeten nichts mehr zu erobern und für die Rebellen nichts mehr zu verlieren gibt, erst dann besteht die realistische Chance, die Bedingungen für einen Trümmer-Frieden auszuhandeln. Bis es so weit ist, droht der Region eine weitere humanitäre Katastrophe. Die UNO warnt im Fall eines konzertierten Sturms auf Idlib sogar vor der größten im diesbezüglich nicht mehr unbefleckten 21. Jahrhundert.
Die Hilflosigkeit, mit der der Westen (sofern dies überhaupt noch ein sinnhaltiger Begriff ist) diesem Schreckensszenario gegenübersteht, ist ebenfalls einmalig in diesem Jahrhundert. Die USA haben sich, seit Barack Obama 2012 Bashar al-Assad den Einsatz von Giftwaffen in Syrien ungestraft durchgehen ließ, mit der Rolle des Beobachters im Ringen der regionalen Großmächte zufriedengegeben. Es ist fast rührend, wie die einstige globale Führungsmacht vom Präsidenten abwärts an Damaskus, Teheran und Moskau appelliert, keinen "schweren humanitären Fehler" zu begehen. Und von Russland kühl mit dem Hinweis auf islamistische Rebellen zurückgewiesen wird.
Die Fähigkeit, andere vom eigenen Willen zu überzeugen, verhält sich direkt proportional zur Bereitschaft und Fähigkeit, das eigene politische, militärische und wirtschaftliche Gewicht einzusetzen. Und von den heutigen USA wissen alle, dass sie dazu in Syrien nicht bereit sind.
Während also für die USA der Syrien-Krieg zu spät gekommen ist, ist er für die EU zu früh gekommen - und zwar, so ist zu befürchten, gleich um einige Jahrzehnte. So lange wird es wohl dauern, bis die in der Union gebündelten europäischen Nationalstaaten die materielle wie die mentale Fähigkeit aufgebaut haben, in benachbarten Konflikten mit Beteiligung externer Regionalmächte entscheidend einzugreifen - und zwar optimalerweise präventiv.
Und weil es bis dahin noch ein steiniger Weg ist, bleibt der EU nichts anderes als zu bangen.
Der größte und wohlhabendste Wirtschaftsraum kann beim blutigen Schlussakt in seiner unmittelbaren geografischen Nachbarschaft nichts anderes tun, als darauf zu hoffen, dass der Blutzoll sich in Grenzen hält und nicht erneut eine Flüchtlingswelle in Gang setzt. Reich und ohnmächtig: Das ist die Lage Europas.