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Unwürdiges Feilschen um Menschen

Von Martyna Czarnowska

Analysen

Solidarität: Das Wort ist derzeit in aller Munde. Die einen - beispielsweise die Europäische Kommission - fordern diese Haltung von den EU-Staaten. Die anderen - etwa Österreich - werfen manchen Ländern einen Mangel an Solidarität vor. Von der ist in der EU aber generell nicht einmal ein Hauch zu spüren, wenn es um die Aufnahme von Flüchtlingen aus Nordafrika geht.


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Stattdessen wird darum gefeilscht, wer wie viele Menschen in sein Land reinlassen muss. Es handelt sich aber keineswegs um hunderttausende Flüchtlinge, wie sie etwa etliche afrikanische Staaten selbst beherbergen müssen. Es geht um zehntausende - aufgeteilt auf ganz Europa.

Doch ist Europa bisher an dieser Aufteilung gescheitert. So wie es an anderen Herausforderungen gescheitert ist. Etwa am eigenen Anspruch auf Solidarität. Oder an den Plänen zu einer gemeinsamen Asylpolitik. Oder am Vorhaben einer konstruktiven Einwanderungspolitik.

Es sind die einzelnen EU-Länder, die ein gemeinsames Vorgehen verhindern, weil sie befürchten, ihre nationalen Vorschriften würden untergraben. Einig sind sie sich nur darin, Europas Außengrenzen so undurchlässig wie möglich zu machen. Nur: Flüchtlinge müssen sie aufnehmen, dazu haben sie sich mit der Unterschrift unter die Menschenrechtskonvention selbst verpflichtet.

Die Länder haben aber das Recht, zwischen jenen zu unterscheiden, die fliehen müssen, weil ihr Leben in Gefahr ist, und jenen, die ihrer wirtschaftlichen Not entkommen wollen. Letzteren müssen die Europäer kein Asyl gewähren. Sie brauchen sich aber nicht zu wundern, dass die Menschen es dennoch versuchen, über diese Tür nach Europa zu kommen. Denn nur diese steht ihnen, wenn es gut geht, offen. Asylmissbrauch gibt es nicht zuletzt deswegen, weil es an anderen legalen Einwanderungsmöglichkeiten fehlt.

So können die Länder Italien zwar vorwerfen, dass es die EU-Schutzmechanismen gegen illegale Migration aushöhlt, wenn es Aufenthaltsgenehmigungen für Tunesier ausstellt. Dass Rom sich aber anscheinend nicht anders zu helfen weiß - diese Situation haben die anderen EU-Staaten mitzuverantworten.