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Unwürdiges Nachtreten

Von Tamara Arthofer

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Tamara Arthofer
Tamara Arthofer ist Sport-Ressortleiterin.

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Wer sich nicht an das folgenschwere Foul von Kevin Prince Boateng an Michael Ballack im Frühjahr 2010 erinnern sollte, das diesen nicht nur um die WM 2010 bringen, sondern auch seine Nationalmannschaftskarriere beenden sollte, dem kann jetzt geholfen werden: Boateng, damals bei Portsmouth unter Vertrag, selbst schreibt in seiner Biografie "Ich Prince Boateng", darüber. Und nicht nur das: Fast genüsslich erzählt der Ghanaer - und pikanterweise Halbbruder des deutschen Teamspielers Jérôme -, wie sich dessen Kollegen bei ihm bedankt hätten. "Ich habe Nachrichten von deutschen Nationalspielern bekommen mit dem Tenor: ‚Gut, dass er nicht dabei ist.‘ Es soll im deutschen Lager einige gegeben haben, die sich klammheimlich darüber freuten, dass Ballack nicht dabei war. Sein Standing in der Mannschaft war weiß Gott nicht gut. Keinen freute es, dass er sich verletzt hat, mich am wenigsten, aber viele fanden ‚ohne Ballack‘ sogar die bessere Option", heißt es in einem Vorabdruck in der "Bild"-Zeitung.

Mag sein, dass das sogar stimmt - dafür, dass sich das Team zum jenem Zeitpunkt von Ballack emanzipiert hat, gibt es genug Indizien, wobei es müßig ist, zu diskutieren, ob es mit Ballack tatsächlich schlechter gelaufen wäre bei der WM, die die Deutschen als Dritte beendeten. Mag auch sein, dass sich Boateng, der beteuert, das Foul sei keine Absicht gewesen, ungerecht behandelt fühlte, weil er, wie er nun sagt, Morddrohungen von Fans erhalten haben soll - was freilich nicht zu rechtfertigen ist. Doch die Art und Weise, wie Ballacks Ende besiegelt wurde, war unwürdig genug. Wenn Boateng sagt, es habe keine Aussprache gegeben, weil: "Ballack ist mir nicht wichtig, und ich bin ihm nicht wichtig", sollte er es dabei belassen anstatt nachzutreten. So wird er sein Image als Enfant terrible bestimmt nicht los.