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Unzufriedene Sieger nach Wahlen

Von Marita Vihervuori

Politik

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Nach den Parlamentswahlen in Finnland fühlten sich alle drei großen Parteien - Sozialdemokraten, Zentrum und Konservative - als Sieger, aber keine hat ihr Ziel erreicht. Die regierenden

Sozialdemokraten konnten ihre Position als stärkste Partei am Sonntag nur mit starken Verlusten verteidigen. Das oppositionelle Zentrum von Ex-Regierungschef Esko Aho gewann deutlich dazu, blieb aber

zweitgrößte Partei und wird kaum mit der Regierungsbildung beauftragt werden. Der Sieg der Konservativen fiel bescheidener aus als erwartet.

Lipponens Sozialdemokraten erreichten ein besseres Resultat, als ihnen die düsteren Meinungsumfragen voraussagten. Ein Grund für die Verluste liegt in der niedrigen Wahlbeteiligung von 65,2 Prozent.

Es gilt als sicher, daß die Sozialdemokraten am meisten unter der Passivität der Wähler leiden. Beobachter sehen in der drastischen Sparpolitik der Regierung zur Erfüllung der Maastricht-Kriterien

eine weitere Ursache für das Resultat. Lipponen führte zudem einen eher matten Wahlkampf. Erheblich lastete auch ein Finanzskandal von Ex-Parteichef Ulf Sundkvist auf den Sozialdemokraten.

Zahlreiche Umfragen führten die Konservativen seit Oktober als größte Partei an. Jetzt wurden sie nur Dritte. Der Partei schadete vor allem die Tatsache, daß ihr in die Privatwirtschaft gewechselter

ehemaliger starker Mann, Ex-Finanzminister Iiro Viinanen, kurz vor den Wahlen etwa 200 ältere Angestellte in der von ihm geführten Versicherungsanstalt Pohjola entließ. Gleichzeitig gab das

Unternehmen seinen Aktionären eine Rekordausschüttung bekannt. Der Skandal war perfekt. Viinanen machte am Freitag die Entlassung rückgängig, aber den Konservativen half dies nicht mehr.

Der Chef der Konservativen, der populärste Politiker Finnlands, Sauli Niinistö, kann seine Träume vom Amt des Regierungschefs damit begraben, obwohl die Konservativen deutlich zulegten. Ihre Rolle

als Juniorpartner der Sozialdemokraten in der "Regenbogenkoalition" gemeinsam mit Linksbündnis, Grünen und Schwedischer Volkspartei hat der Sammlungspartei offenbar aber nicht geschadet.

Auch die Grünen konnten einen Wahlsieg als Regierungspartei verbuchen. Der einzige Schönheitsfehler ist, daß ihr Minister Pekka Haavisto schon zum zweiten Mal nicht den Einzug ins Parlament schaffte.

Die Grünen wollen weiter mitregieren. Die Schwedische Volkspartei blieb gegenüber 1995 unverändert. Diese Partei gilt schon jetzt als eine sichere Regierungspartei, egal was für eine Koalition

gebildet wird. Das ex-kommunistische Linksbündnis gehört zwar zu den Verlierern, die Niederlage fiel aber geringer aus als erwartet. Die neue Parteichefin Suvi Anne Siimes zeigte sich zufrieden mit

dem Resultat. Der extrem linke Flügel des Bündnisses gewann allerdings Boden. Dies macht eine Beteiligung des Linksbündnisses in der Regierung nun viel schwieriger. Die konservative Christliche Union

sorgte mit ihren Zugewinnen für eine große Überraschung bei diesen Wahlen. Ihr Parteiobmann Bjarne Kallis hat Interesse an einer Regierungsbeteiligung gezeigt, was unter den derzeitigen

Voraussetzungen allerdings als unwahrscheinlich gilt.