Die Rolle mancher Medienmacher in diesem Wahlkampf hat das Ansehen des Journalismus nicht eben verbessert.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 7 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Ist es eigentlich vernünftiges Verhalten, wenn Medienschaffende in einem Wahlkampf versuchen, bestimmten Parteien oder Politikern zu helfen und anderen zu schaden? Eine glasklare Antwort darauf hat jüngst der bekannte deutsche Talkshow-Moderator Frank Plasberg ("Hart aber fair") gegeben. "Es ist nicht die Aufgabe von Journalisten, die AfD kleinzuhalten", erklärte er in einem Interview. "Ich habe keinen volkspädagogischen Auftrag. Ich will auch nicht die Demokratie heilen, sondern nehme mir die Freiheit heraus, auf keinen Fall zu überlegen, wie eine Wahrheit wirkt - denn sonst ist man schnell dabei, Wahrheiten zurechtzubiegen (...) Wir sind nicht dazu da, den Schulterschluss mit den vermeintlich richtig guten Demokraten zu üben, um im Gegenzug das niederzukartätschen, was am rechten Rand entsteht."
Plasberg hat damit völlig recht. Nur leider ist diese Erkenntnis, die eigentlich eine völlige Selbstverständlichkeit sein sollte, im nun gottlob endlich zu Ende gehenden hiesigen Nationalratswahlkampf nicht ausreichend berücksichtigt worden. Und zwar kurioser Weise nicht so sehr der FPÖ gegenüber, wie das bisher stets der Fall war, sondern vor allem in der publizistischen Aufbereitung der Affäre rund um Tal Silberstein und seine Partie.
Hauptsächlich in den Sozialen Medien - viel weniger übrigens im herkömmlichen Print - erweckten da die einen oder anderen bekannteren Medienmenschen recht stark den Eindruck, durchaus "zu überlegen, wie eine Wahrheit wirkt" und in der Folge die Wahrheit so zu adaptieren, dass sie, je nach Interessenlage, der einen oder der anderen Sache dient. Und je heftiger diese Angelegenheit im Finale des Wahlkampfes eskalierte, umso häufiger erweckten einzelne Meinungsmacher den Eindruck, "embedded journalism" zu betreiben, anstatt einfach Bericht zu erstatten. (Wer sich im Detail darüber informieren will, wird auf "Twitter" schnell und umfangreich fündig werden. "Irgendwie wünsche ich mir, diesem A... Silberstein mal in einer dunklen Gasse zu begegnen. Das wird nicht schön", formulierte da ein "Publizist" etwa).
Man muss kein Purist sein, um zur Befürchtung zu kommen: Dem ohnehin schon recht zerzausten Ansehen des Journalismus werden solche Parteilichkeitsexzesse in den Sozialen Medien nicht besonders förderlich sein. Und dies umso mehr, als es bereits das zweite Mal innerhalb von nur zwei Jahren ist, dass sich einzelne Medien oder einzelne handelnde Personen dort den Vorwurf gefallen lassen müssen, sich als Volkserzieher zu gerieren, anstatt einfach ihren Job zu machen.
Im Juli 2016 hat Giovanni di Lorenzo, Chefredeakteur der renommierten Hamburger "Zeit", diesen Fehler klar benannt: "Ich glaube, dass wir eine ganze Weile zu sehr dazu tendiert haben, uns zu
Mitgestaltern der Flüchtlingskrise zu machen und uns nicht auf
die Rolle der Beobachtung
konzentriert haben."
Das gilt natürlich nicht nur für deutsche Medien, sondern genauso für einen erheblichen Teil des hiesigen Pressewesens. Was freilich manche der dort handelnden Akteure nicht daran gehindert hat, im Wahlkampffinale abermals zu "Mitgestaltern" des politischen Geschehens zu werden. Aus Schaden wird man bekanntlich selten klug.