Sechs Fragen und "eine konkrete Aktionsfrage" will der Österreichische Gewerkschaftsbund seinen Mitgliedern in der Zeit vom 24. September bis 15. Oktober stellen. Die letzte, jene nach eventuellen Kampfmaßnahmen, fiel verhältnismäßig milde aus. Den Verhandlungen solle nicht vorgegriffen werden.
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Nun liegen sie am Tisch, die Fragen für die Urabstimmung. Rund 1,4 Millionen Gewerkschaftsmitglieder sind ab September aufgerufen, Stellung zu aktuellen Themen wie Pflichtversicherung oder Abfertigung zu nehmen. "Mir wäre wichtig, dass wir eine Diskussion über die Inhalte lostreten", schmetterte der Vorsitzende der Gewerkschaft öffentlicher Dienst, Fritz Neugebauer, in den Raum.
Doch das Hauptinteresse der MedienvertreterInnen lag woanders. Punkt sieben veranlasste zu Fragen, ob die Formulierung nicht zu milde gewählt wurde. Ob der ÖGB zur Durchsetzung seiner Forderungen "notfalls auch gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen ergreifen" solle, will das Präsidium nämlich wissen. Wann ein Notfall eintrete oder an welche Kampfmaßnahmen konkret zu denken sei, wollte allerdings weder ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch noch Neugebauer beantworten. "Gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen sind gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen", stellte Verzetnitsch klar. Ebensowenig wollte er Prognosen in Bezug auf die Beteiligung an der Urabstimmung aufstellen. Er erwarte sich "ein hohes Maß an Zustimmung", erklärte der ÖGB-Präsident. "Zahlenspielereien" lehne er ab.
Eine Zahl steht allerdings so gut wie fest: Bis zu 42 Millionen Schilling - 30 Schilling pro Mitglied - könnte die Urabstimmung kosten. Vor deren Ergebnis brauche sich niemand zu fürchten, beruhigte Neugebauer. Auch die Regierung sei eingeladen, zu den Themen Stellung zu nehmen.
Diese Möglichkeit ergriffen die Parteien schon gestern. FPÖ-Klubobmann Peter Westenthaler führte neuerliche Rücktrittsforderungen ins Feld. Da die Frage nach einer Gehaltsobergrenze für Gewerkschafter fehle, müsse die ÖGB-Spitze zurücktreten. ÖAAB-Obmann Werner Fasslabend wiederum meinte, die Abstimmung sei zu einer "reinen Ansammlung von No-Na-Fragen degeneriert". Als "Versuch einer Ablenkung von der eigenen Misere" sieht sie ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat.
Auf Zustimmung traf die Fragestellung bei der Opposition. SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures lobte die "klare Formulierung". Sie hoffe auf einen Erfolg der Abstimmung gegen die "unsoziale Belastungspolitik" der Bundesregierung. Für den Grünen Sozialsprecher Karl Öllinger ist Frage eins zwar etwas zu allgemein formuliert. Grundsätzlich sei er aber zufrieden.