Kreuzfahrturlaub ist nicht länger ein Nischenprodukt. | Gästezahl seit 2001 in Europa verdoppelt. | Hamburg. Kein anderer Tourismuszweig wächst so stark wie das Kreuzfahrtbusiness - und besonders die Europäer buchen immer häufiger einen "Traumschiffurlaub": Seit 2001 hat sich die Zahl der Kreuzfahrttouristen in Europa von zwei auf vier Millionen glatt verdoppelt. Weltweit stieg ihre Zahl 2006 auf mehr als 15 Millionen.
Auch für die kommenden fünf Jahre rechnet die Branche mit jeweils zweistelligen Wachstumsraten pro Jahr, referierte Susan Hooper, Vizepräsidentin des europäischen Branchenverbandes und Europa-Managerin bei der US-amerikanischen Reederei "Royal Caribbean", am Dienstag bei der Fachmesse "Seatrade Europe" in Hamburg. "Und das Epizentrum des Wachstums wird Europa bleiben, weil es dort noch großen Aufholbedarf gegenüber den USA gibt".
Die Messe selbst reflektiert den Boom der Branche: Die Ausstellungsfläche im Neubau des renovierten und erweiterten Hamburger Messe- und Congress Centrum (HMC) hat sich gegenüber der letzten Veranstaltung vor zwei Jahren ebenso verdoppelt wie die Zahl der Aussteller aus aller Welt: 270 Reeder, Schiffsausrüster und Hafenbetreiber von Tallinn bis Shanghai sind vertreten.
Zwei Trends zeichnen sich ab: Eine Kreuzfahrt wird mehr und mehr zum Luxus-Hotelurlaub, die Route und die Ziele, die das schwimmende Hotel ansteuert, werden weniger wichtig, der Weg ist das Ziel. Dementsprechend werden die Freizeit-, Kulinarik- und Unterhaltungsangebote auf dem Schiff selbst immer breiter und auf verschiedene Zielgruppen hin diversifiziert. "Kreuzfahrtschiffe bieten heute in der Regel sogar ein größeres Angebot als die luxuriösesten Hotels der Welt, von Shopping bis Kino, von Theater bis zu Kinderklubs", meint Hooper. Der Altersdurchschnitt der Kreuzfahrt-Passagiere sinkt übrigens von Jahr zu Jahr.
Das hat auch mit den Preisen zu tun: "In Wahrheit kostet eine Kreuzfahrt heute genauso viel wie vor 30 Jahren", rechnet Michael Thamm, Präsident der rasch wachsenden deutschen Reederei "Aida", vor. Nur: die Schiffe nehmen heute gut zehnmal so viele Passagiere auf wie in den 1970er Jahren.
Immer größere Schiffe
Das führt zu einem günstigen Preis-Leistungsverhältnis: Inklusive Flüge und Verpflegung gerechnet kostet etwa eine 14-tägige Kreuzfahrt auf einem Schiff der italienischen MSC-Reederei, die im Mittelmeer die Nummer eins ist, eine vierköpfige Familie um gut ein Drittel weniger als ein gleich langer Luxus-Hotelurlaub etwa in Amalfi oder auf Mallorca.
Megatrend Nummer zwei: Die Schiffe werden immer größer. Derzeit dominiert noch die Klasse mit rund 2000 Gästen an Bord, die "Freedom of the Seas" mit 4370 Passagieren und 339 Metern Länge ist der Riese. Aber schon werden bei der Messe Skizzen von einer 505 Meter langen "Princess Kaguya" für 8400 Gäste herumgereicht.
Entsprechend voll sind die Orderbücher der Werften: 37 Kreuzfahrtschiffe mit zusätzlichen 96.000 Betten sollen bis 2010 in See stechen. Gesamtauftragswert: Mehr als 22 Milliarden Dollar.
Beim Bau von Kreuzfahrtschiffen dominieren übrigens die europäischen Werften - wie Fincantiere in Triest und Genua, Aker in Norwegen und Frankreich oder die Meyer-Werft im norddeutschen Papenburg: Nur eines der 37 Schiffe wird nicht in Europa gebaut.
Hamburg-Tourismus
In Hamburg - wo, je nach Lesart, entweder Hapag-Generaldirektor Albert Ballin 1891 mit seinem Dampfer "Auguste Victoria" oder der Reeder Robert Sloman schon 1845 mit seiner Fregatte "Germania" die "Lust-reise" Kreuzfahrt erfunden haben -, will man mit dem Bau dreier neuer Terminals bis 2011 endgültig zur "Kreuzfahrt-Hauptstadt des Nordens" aufsteigen.
Nicht zuletzt dank des Kreuzfahrtbooms legt der Hamburg-Tourismus stark zu: Ein Jahr nach dem Rekord bei der Fußball-WM 2006 verbucht man heuer erneut um 7 Prozent mehr Gästenächtigungen, berichtete Gisèle Tollat, Pressesprecherin der Hamburg-Tourismus GmbH. Bis 2010 könnte die Zahl der Nächtigungen in der Hansestadt von derzeit 7,4 auf gut 10 Millionen ansteigen.