Früheste Auswanderung des Menschen aus Afrika erfolgte in mindestens zwei Etappen.
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Kühle und feuchte Waldgebiete oder heiße Savanne? Zu den Rätseln der frühen Menschheitsgeschichte zählt die Frage, welche klimatischen Bedingungen die Ausbreitung des Menschen von Afrika nach Europa begünstigt haben. Außerdem wird diskutiert, ob die Migration ein einmaliges Ereignis war oder ob sie in Wellen stattfand.
Ein israelisches Forschungsteam liefert neue Antworten. Schon die früheste Auswanderung des Menschen aus Afrika erfolgte demnach in mindestens zwei Wellen, in denen der frühe Mensch sich sowohl in warmen und trockenen als auch kühlen und feuchten Regionen niederließ.
Die erste Welle erreichte das heutige Georgien im Kaukasus vor rund 1,8 Millionen Jahren. Die zweite wurde in Ubeidiya im Jordantal südlich des Sees Genezareth vor 1,5 Millionen Jahren dokumentiert. Das berichtet das Team unter der Leitung der Bar-Ilan Universität und der israelischen Altertumsbehörde im Fachjournal "Scientific Reports".
Fossilienfunde und DNA-Analysen weisen nach, dass die menschliche Evolution vor sechs Millionen Jahren in Afrika startete. Vor zwei Millionen Jahren begannen Urmenschen, aus Afrika auszuwandern und sich in Eurasien auszubreiten. Die Forschenden stellen einen 1,5 Millionen Jahre alten menschlichen Wirbel vor, der in Ubeidiya entdeckt wurde. Diese prähistorische Forschungsstätte gilt als eine der wenigen außerhalb Afrikas, in denen Überreste des frühen menschlichen Exodus gefunden wurden. Ihr fossiler Schatz beinhaltet eine reiche und seltene Sammlung ausgestorbener Tierknochen, etwa von Säbelzahntigern, Mammuts oder eines Riesenbüffels. Gegenstände aus Stein und Feuerstein weisen Ähnlichkeiten mit jenen auf, die in Ostafrika entdeckt wurden.
Mit verfeinerten Datierungsmethoden haben der Paläoanthropologe Miriam Belmaker von der Universität Tulsa und seine Kollegen diese Funde neu analysiert. Das Ziel war, die Ökosysteme der erdgeschichtlichen Vergangenheit und das Paläoklima der Region zu untersuchen. Dabei stieß Belmaker auf einen menschlichen Wirbel. Sein Kollege Alon Barash identifizierte den 1966 ausgegrabenen Knochen als menschlichen Lendenwirbel und mit einem Alter von 1,5 Millionen Jahren als frühesten fossilen Beweis für antike menschliche Überreste in Israel.
"Da die Größe und Form des Wirbels aus Ubeidiya sich von jenen in der Republik Georgien unterscheidet, haben wir einen eindeutigen Beweis, dass es schon damals mindestens zwei verschiedene Ausbreitungswellen aus Afrika gab", wird Barash, Forscher für menschliche Anatomie und Evolution, in einer Aussendung der Bar-Ilan Universität zitiert: "Der neue Fund aus Ubeidiya wirft Licht auf eine langjährige Diskussion."
Andere Umgebung bevorzugt
Stein- und Feuersteinartefakte werden ebenso wie Basalt-Handbeile, die in Ubeidiya gefunden wurden, der frühen Acheulean-Kultur zugeordnet. Bisher hatte man angenommen, dass die Werkzeuge, die in der Dmanisi-Fundstätte in Georgien entdeckt worden waren, einfach einer anderen Kultur zuzuordnen waren, nämlich dem frühen Acheulean und dem Oldowan. "Jetzt aber kommen wir zu dem Schluss, dass es verschiedene menschliche Spezies gewesen sein müssen", so Omry Barzilai von der israelischen Altertumsbehörde.
Die Erkenntnis stünde im Einklang mit der Feststellung, dass sich auch das Klima an den beiden Orten unterscheidet. "Ubeidiya ist feuchter und passt zu einem mediterranen Klima, während Dmanisi trockener ist und Savannenlebensräume aufweist", sagt Belmaker: Jede Population bevorzugte offenbar eine andere Umgebung.(est)