179 Tankflugzeuge sind größter Auftrag für Airbus bisher. | Sparprogramm "Power 8" unberührt. | Paris/Washington. Jetzt fehlt nur noch, dass der nächste US-Präsident als seine fliegende Kommandzentrale "Air Force One" einen Airbus A 380 statt des Boeing-Jumbos 747 bestellt: Der Milliardenauftrag der US-Luftwaffe an den europäischen Flugzeug- und Rüstungskonzern EADS sorgt für heftige Reaktionen: Während die EADS-Aktie am Montag in die Höhe schoss, kamen aus dem US-Kongress heftige Proteste. Der beim Auftrag für den Bau von 179 Tankflugzeugen unterlegene amerikanische Flugzeugbauer Boeing prüft eine Klage gegen die Vergabe.
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Die US-Luftwaffe hatte am Freitag nach dem New Yorker Börsenschluss überraschend mitgeteilt, EADS/Airbus und seinem amerikanischen Partner Northrop Grumman den Zuschlag für den über 15 Jahre laufenden 35-Milliarden-Dollar-Auftrag (23 Milliarden Euro) zu erteilen. Damit hat der europäische Flugzeugbauer mit dem größten Einzelauftrag seiner Geschichte den angestrebten großen Sprung in Richtung Rüstungsgeschäft und Dollarraum geschafft.
Es würden sowohl Arbeitsplätze in Europa - wo Cockpit, Rumpf und Flügel gebaut werden - als auch in den USA geschaffen werden, hieß es. Bei Northrop Grumman in Mobile im US-Bundestaat Alabama entsteht eine Fabrik mit bis zu 5000 Arbeitsplätzen für die Endmontage des vom zivilen Airbus A 330 abgeleiteten Tankflugzeugs KC30. Auch die Triebwerke baut mit General Electric ein US-Konzern.
Die US-Luftwaffe will in den kommenden Jahrzehnten ihre veraltete Flotte von 500 Tankflugzeugen austauschen. Der Umfang der künftigen Investitionen wird auf mehr als 100 Milliarden Dollar geschätzt.
Boeing-Rückschlag schon vor vier Jahren
Airbus-Erzrivale Boeing - sein Angebot war vom zivilen Modell 767 abgeleitet - hatte bei der Bewerbung um den Großauftrag bereits vor vier Jahren einen Rückschlag erlitten: Ein erster Zuschlag an den Konzern über 100 Flugzeuge im Wert von 23 Milliarden Dollar wurde zurückgezogen, nachdem bekannt geworden war, dass der zuständige Air-Force-Einkaufsmanager den Preis nach oben getrieben und dann einen hohen Posten bei Boeing bekommen hatte. Das war der größte Beschaffungsskandal im Pentagon seit den 80er Jahren. Die Luftwaffe war nun um eine äußerst faire und transparente Entscheidung bemüht und betonte nach der Vergabe, man habe sich für das "teurere, aber leistungsfähigere Flugzeug" entschieden.
EADS-Chef Louis Gallois bezeichnete den Auftrag des Pentagon als "überragenden Erfolg" für den deutsch-französischen Konzern. Trotz der Endmontage der Flugzeuge in den USA komme der Auftrag auch europäischen Arbeitnehmern zugute. "Wir schaffen viele Arbeitsplätze in den USA, aber wir schaffen sie auch in Europa", kündigte der EADS-Chef in einem Interview des Radiosenders France Info an. Gallois betonte, das Konsortium habe nicht mit Tiefstpreisen um den Auftrag gebuhlt. "Wir haben sie überzeugt, dass unser Produkt gut ist."
Auf das Sparprogramm "Power 8", das derzeit bei Airbus in Europa mit dem Abbau Tausender Arbeitsplätze durchgezogen wird, könne aber trotzdem nicht verzichtet werden, erklärte Airbus-Chef Thomas Enders am Montag. Es werde aber angesichts voller Auftragsbücher keine weiteren Massenkündigungen geben, so Enders im "Handelsblatt".
Proteste aus dem
US-Kongress
Im US-Kongress stieß die Entscheidung der Air Force auf geteilte Reaktionen. Während Parlamentarier aus Bundesstaaten mit einer starken Präsenz von Boeing - vor allem Kansas und Kalifornien - empört Widerstand gegen den Beschluss ankündigten, zeigten sich Politiker aus Alabama erfreut: An dem künftigen Standort im Süden der USA plant EADS nun auch die Endmontage ziviler A330-Frachtflugzeuge.
Mit der Aufnahme der Flugzeugproduktion im wichtigen US-Markt gleicht EADS auch einen Wettbewerbsnachteil gegenüber Boeing aus: Der europäische Konzern leidet sehr unter dem starken Euro, da bisher ein Großteil seiner Kosten in dieser Währung anfällt, während Flugzeuge international gegen Dollar verkauft werden.