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US-Army rekrutiert erstmals bekennende Homosexuelle

Von Michael Schmölzer

Politik

Schwule fügen Moral der Truppe laut Urteil keinen Schaden zu. | Warnung vor zu frühem "Outing". | Wien/Washington. Die US-Armee hat erstmals in ihrer Geschichte damit begonnen, Rekruten aufzunehmen, die sich offen zu ihrer Homosexualität bekennen. Die Formel "Frage nicht danach und rede nicht darüber" (dont ask dont tell), die bisher Gültigkeit hatte, ist - zumindest vorläufig - außer Kraft gesetzt.


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Ein Gericht in Los Angeles hat bereits in der Vorwoche gegen den Ausschluss von Homosexuellen entschieden - das laufe unter anderem dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit zuwider. Das Urteil wurde jetzt bekräftigt: Es sei nicht glaubhaft nachweisbar, dass schwule Berufssoldaten die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte und die Truppenmoral beeinträchtigen, so Richterin Virginia Phillips.

Die Zeiten, in denen homosexuelle Soldaten gefeuert wurden, sind damit fürs Erste vorbei: Das Pentagon hat die Rekrutierungsbüros überall im Land aufgefordert, Bewerbungen von offen homosexuellen Männern und Frauen nicht mehr auszusondern. Auf Anweisung der US-Regierung sind zudem alle Verfahren auszusetzen, in denen Soldaten wegen ihrer Homosexualität strafversetzt oder entlassen werden sollen. Ob sich diese neue Praxis in der Zukunft halten wird, ist jedoch ungewiss. Immerhin sind Regierungsanwälte dabei, gegen das Urteil zu berufen.

Obama unzufrieden

US-Präsident Barack Obama will zwar, dass bekennende Homosexuelle in der Armee dienen dürfen; allerdings ist er dafür, dass das bisher gültige Gesetz durch den Kongress abgeschafft wird und nicht durch ein Gerichtsurteil. Zuletzt ist allerdings ein derartiger Versuch am Widerstand republikanischer Senatoren gescheitert. Das US-Justizministerium ist jetzt daran interessiert, das derzeitige - von der Obama-Administration kritisierte - Gesetz in Kraft zu lassen, um es vielleicht doch noch durch ein politisches Votum im Kongress umso nachhaltiger aus der Welt schaffen zu können.

Vertreter von Homosexuellenverbänden haben deshalb zu Vorsicht gemahnt: Es sei noch nicht ratsam, sich bei den Stellungskommissionen zu "outen", solange die neue Regelung durch Einspruch umkehrbar sei. "Wenn jemand kommt und angibt, homosexuell zu sein, werden wir seine Bewerbung genauso wie die anderen weiter bearbeiten. Wir klären die Leute aber auch darüber auf, dass sich die rechtliche Situation wieder ändern kann", beschreibt ein Sprecher der Stellungskommission von Fort Knox die gültige Praxis.

Die Republikaner - unter ihnen der ehemalige Präsidentschaftskandidat John McCain - sind prinzipiell dagegen, offen Homosexuelle zur Armee zuzulassen. Für die Demokraten wird es sicher nicht leichter werden, die Novelle durchzubringen. Am 2. November sind Kongresswahlen, und den Umfragen zufolge können sich die Republikaner auf Zugewinne freuen. Weltweit akzeptieren 29 Länder Homosexuelle in ihren Armeen, darunter Israel, Deutschland, Kanada und Schweden.