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US-Aufrüstungspolitik sorgt für neue Unruhe im instabilen Nahen Osten

Von AnalyseRainer Mayerhofer

Analysen

Die Pläne der USA, Saudi-Arabien, Ägypten, die Golfstaaten und Israel in den nächsten Jahren mit Milliardenbeträgen aufzurüsten, haben erwartungsgemäß unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Dass der Iran, der sich von diesen Militärhilfen für arabische Nachbarländer besonders bedroht fühlt, aufschreien wird, war zu erwarten und wohl auch im Kalkül Washingtons. Aber nicht nur die Gegner der USA in der Region fühlen sich von dem überfallartig anmutenden Schritt der Amerikaner düpiert, sondern auch Verbündete in der Region und in Europa.


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Der pro-westliche Premierminister des Libanon, Fouad Siniora, reagierte mit Entrüstung auf die Tatsache, dass Israel in den nächsten zehn Jahren zusätzliche Militärhilfe im Ausmaß von 30 Milliarden Dollar (rund 22 Milliarden Euro) erhalten soll, und sieht damit eine negative Botschaft an die Libanesen und die Araber, durch die nur neue Krisen provoziert werden.

Die zusätzliche Hilfe für Israel gilt als Kompensation für die Waffenhilfe an die Araber in der Region, deren wirkliches Ausmaß noch nicht einmal klar abzusehen ist. Die Rede ist von 20 Milliarden Dollar allein für Saudi-Arabien, 13 Milliarden für Ägypten und eine noch unbekannte Summe für die Golfstaaten.

US-Außenministerin Condoleezza Rice und ihr Kollege aus dem Pentagon, Verteidigungsminister Robert Gates, werden viel Erklärungsbedarf bei ihren derzeitigen Gesprächen mit acht arabischen Außenministern in Sharm el-Sheik haben. Die Erklärung von Rice, dass die vorgesehene Waffenhilfe "das Ergebnis einer jahrelangen Partnerschaft und die Anerkennung der strategischen Bedeutung der Empfängerstaaten" sei, wird die Kritiker nicht voll überzeugen können.

Die Alarmglocken müssten in Washington aber schrillen, wenn man die kritischen Töne aus Europa wahrnimmt, wobei die Verbündeten in Berlin sich bisher am deutlichsten zu Wort gemeldet haben. Washingtons neuerlicher Alleingang belaste das transatlantische Verhältnis, konstatierte etwa der liberale Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher, der den Amerikanern auch vor Augen hält, dass sie die Risiken, die in jeder Aufrüstungspolitik liegen, offensichtlich unterschätzen. Genscher weist auf Waffenlieferungen an den Iran des Schah, auf die Aufrüstung Saddam Husseins im Kampf gegen Ayatollah Khomeini und auf Militärhilfe an Afghanistan im Kampf gegen die Sowjetunion hin, die sich später als Bumerang erwiesen haben.

Wer in ein Pulverfass wie den Nahen Osten noch weitere explosive Gegenstände hineingebe, mache die Region nicht sicherer, hatte der CDU-Politiker Ruprecht Polenz gewarnt. Angesichts von drei mehr oder wenig latenten Bürgerkriegen in der Region - zwischen Palästinensern, im Libanon und im Irak - sicherlich nicht unbegründet.