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Damaskus/Kairo - "Erst wollen die Amerikaner den Irak ausschalten und wenn sie damit fertig sind, werden sie sich Syrien und den Iran vorknöpfen." Wie ein Mantra hatten die Delegationen der "Ablehnungsfront" aus dem Libanon, Syrien, dem Irak und dem Jemen diesen Satz auf dem Gipfel der Arabischen Liga Anfang März immer wieder aufgesagt. Golfstaaten wie Kuwait wollten davon damals nichts wissen. "Den USA geht es nur um den Irak und um Saddam Hussein", gaben sie zurück. Nun sieht es fast so aus, als behielte die "Ablehnungsfront" Recht.
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Nur eines überrascht alle arabischen Beobachter: Die US-Regierung hat nicht bis zum siegreichen Einmarsch ihrer Soldaten in Bagdad gewartet, sondern schon vor der entscheidenden Schlacht um die irakische Hauptstadt eine diplomatische Breitseite auf Syrien und den Iran abgefeuert.
Erst wirft Verteidigungsminister Donald Rumsfeld der Führung in Damaskus vor, sie habe eine Lieferung russischer Militärgüter via Syrien in den Irak ermöglicht. Außenminister Colin Powell legt wenige Stunden später nach und droht den Syrern mit "Konsequenzen", falls sie ihre "Unterstützung für Terrorgruppen und das sterbende Regime von Saddam Hussein" nicht einstellten.
Die Antwort aus Damaskus fällt für syrische Verhältnisse relativ moderat aus, wenn man bedenkt, dass das Wort "Konsequenzen" im Sprachgebrauch der Regierung von US- Präsident George W. Bush auch einen Krieg einschließt, wie der Fall des Irak zeigt.
Syrien stehe in der Irak-Frage auf der Seite des internationalen Rechts und der Vereinten Nationen, heißt es aus Damaskus. Offensichtlich setzte das syrische Regime im Angesicht der amerikanischen Drohung jetzt auf Zurückhaltung. Beim arabischen Gipfel, bei dem Präsident Bashar el Assad die Araber aufgefordert hatte, sie gemeinsam und aktiv gegen die US-Pläne im Irak zu wehren, war das noch anders.
Ohne explizit auf den Vorwurf der Unterstützung für Saddam Hussein einzugehen, betonten die Syrer jetzt, sie hätten in diesem Krieg die Partei des irakischen "Volkes" ergriffen und lassen damit durchblicken, dass ihre Sympathien nicht dem irakischen Regime gelten. Auf den Vorwurf der Unterstützung von Terrorgruppen - gemeint sind vor allem radikale Palästinensergruppen und die pro-iranische Hisbollah - geht die syrische Regierung gar nicht erst ein. Denn diese Anschuldigung ist ein Streitpunkt, der zwischen Washington und Damaskus bereits seit Jahrzehnten besteht, und ist für die Syrer deshalb ein alter Hut.
Der Iran reagierte auf die neuen Angriffe aus den USA eher gelassen und wies sie ohne viel Aufhebens zurück. Nach Meinung westlicher Diplomaten versucht Teheran, einen Konfrontationskurs gegenüber den USA unter allen Umständen zu vermeiden und an seiner "aktiven Neutralität" im Irak-Konflikt festzuhalten.