US-Justizminister William Barr macht eine redigierte Version des Mueller-Reports publik und verteidigt seine Entscheidung, Präsident Donald Trump nicht wegen Behinderung der Justiz anzuklagen.
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Washington D.C. Vor Robert Muellers Bericht hat Gott den von William Barr gesetzt. Am Donnerstag um halb zehn Uhr in der Früh trat in Washington der US-Justizminister vor die Mikrofone und erzählte, was es mit den später am Tag veröffentlichten Untersuchungsergebnissen der Sonderermittler-Truppe von Ex-FBI-Chef Robert Mueller über die Russlandaffäre um Präsident Donald Trump auf sich habe. Vorige Woche hatte der von Trump erst im Februar eingesetzte Justizminister angekündigt, den rund 400 Seiten starken Bericht der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Nicht in vollständiger Form: Barr verwies auf laufende Ermittlungen, die mögliche Verletzung der Privatsphäre von darin erwähnten, aber nicht angeklagten Personen, Details von Grand-Jury-Entscheidungen sowie die Angst, geheime Ermittlungsmethoden preis zu geben, als Gründe für die Schwärzung bestimmter Namen, Daten und Passagen. Rein inhaltlich geriet Barrs Pressekonferenz, man kann es nicht anders formulieren, zu einer Total-Verteidigung des Präsidenten.
Keine Zusammenarbeit mit Moskau
Barr räumte zwar ein, dass er "mit Mueller nicht einer Meinung gewesen sei, was bestimmte rechtliche Theorien angehe", was den Tatbestand der Justizbehinderung angehe und was nicht; aber er und sein Stellvertreter Rod Rosenstein stehen nach wie vor hinter der Entscheidung, Trump nicht anzuklagen, weil ihnen das vorliegende Material dafür schlicht nicht ausreichend erscheine. Was die vom Justizministerium, den Sonderermittlern sowie den Geheimdienste gemachten Schwärzungen des Berichts angehe, seien diese "begrenzt", weil "im Sinne der größtmöglichen Transparenz".
Im ersten Teil widmet sich Muellers Bericht den russischen Interventionen im US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 und kommt laut Barr zu dem Schluss, dass "weder Trump noch Mitglieder seiner Wahlkampfkampagne noch irgendein anderer amerikanischer Staatsbürger in diesem Kontext mit Putins Geheimdienst GRU zusammen gearbeitet haben". Im zweiten Teil, in dem es um die Frage geht, ob Trump zu irgendeinem Zeitpunkt versucht habe, die Arbeit der Justiz gegen ihn zu behindern, würden in Muellers Report von Barr nicht näher erläuterte "zehn Episoden" aufgelistet, die untersucht wurden, aber laut ihm letztlich nicht auf einen kriminellen Hintergrund oder eine entsprechende Motivation des Präsidenten schließen lassen würden.
Fast in derselben Minute, in der Barr mit seinen Ausführungen fertig war, verbreitete Trump via Twitter eine Botschaft, die eindeutiger nicht hätte sein können: "Für die Hasser und die Demokraten: Game Over". Als Illustration wählte er sein Konterfei, eingetaucht in ein an die Fernsehserie "Game of Thrones" angelehntes Sujet. Was die Perspektive der Opposition angeht, bestätigte die Pressekonferenz Barrs ihre schlimmsten Befürchtungen. Zuvor hatte Nancy Pelosi, Sprecherin der Demokraten im Abgeordnetenhaus, die "Unabhängigkeit und Überparteilichkeit des Justizministers" offen in Frage gestellt.
Kritische Fragen unerwünscht
Am Vorabend hatte Jerry Nadler, als Vorsitzender des Justizausschusses einer der führenden Köpfe der Demokraten im Abgeordnetenhaus, versucht, Barrs Pressekonferenz buchstäblich wie sprichwörtlich ins rechte Licht zu rücken: Sie repräsentiere "einzig und allein den Versuch, den Mueller-Report im Sinne des Weißen Hauses einzurahmen". Futter für diese Kritik ergab sich ungeachtet der Parteiperspektive aus der äußerst ungewöhnlichen Vorgangsweise, die Barr gewählt hatte: Ein amtierender US-Justizminister gibt eine Pressekonferenz über ein Dokument, das bis dahin nur seine engsten Mitarbeiter und die Anwälte des Weißen Hauses gelesen haben - mit denen er es laut Medienberichten Tage zuvor geteilt hatte - aber kein einziger der Medienvertreter im Raum, die ihm Fragen darüber stellen könnten. Was seiner Glaubwürdigkeit auch nicht zuträglich war: Rein rhetorisch erweckte Barr bei seiner rund 20-minütigen Präsentation den Eindruck, dass Trump mit anderen Massstäben gemessen werden sollte, weil er sich "seit seiner Amtseinführung" mit der dunklen Wolke, die die Mueller’schen Untersuchungen repräsentiert hätten, herumschlagen hatte müssen und er deshalb, sinngemäß, vielleicht manchmal überreagiert habe.
Auf das Wahlverhalten der Amerikanerinnen und Amerikaner wird die Veröffentlichung der redigierten Version des Mueller-Reports mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Auswirkungen haben. Der Präsident und seine Partei haben ihre Wähler seit Beginn der Untersuchung und ungeachtet des Inhalts darauf konditioniert, dass dieser, ungeachtet des Inhalts, nicht ernst genommen werden könne, weil er von angeblich ideologisch und politisch motivierten Kräften im Justizministerium angestrengt und betrieben worden wäre.
Ab sofort kann sich jeder selbst ein Bild davon machen. Rund zwei Stunden nachdem Barr das Podium verlassen hatte, wurde die redigierte Version des Mueller-Reports der Öffentlichkeit auf der Website des US-Justizministeriums (www.justice.gov) zugänglich gemacht.