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Demokraten hoffen am 4. November auf einen Doppelsieg. | Rennen Obama-McCain weiter offen. | Washington. (dpa) Im längsten und teuersten Wahlkampf der US-Geschichte geht es vor allem um die Präsidentschaftskandidaten - mit immer neuen Facetten. Kommentatoren spießen derzeit die "neue Weinerlichkeit" John McCains auf, lästern wie Moderator Jon Stewart über Barack Obamas "Messias-Gehabe" oder wie die "Washington Post" über seinen "anmaßend präsidialen Stil". Umfragen sprechen dafür, dass der Präsidentschafts-Wahlkampf bis zum 4. November spannend bleibt und viele Wähler sich erst in den letzten Tagen entscheiden werden.
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"Stimmung so mies wie schon lange nicht"
Ganz anders bei den gleichzeitig stattfindenden Kongress-Wahlen: Diese scheinen schon jetzt fast entschieden. Die Republikaner stehen angesichts der miesen Stimmung im Land und immer neuer Skandale vor einem historischen Desaster. In dieser Woche hat es nun den dienstältesten Senator der Republikaner erwischt. Der 84-jährige Ted Stevens, wortgewaltiger und gefürchteter Senator aus Alaska, soll Gelder von der Ölindustrie angenommen haben.
Stevens, berüchtigt für das hemmungslose Durchsetzen obskurer Etatwünsche für seinen Bundesstaat, ist eine Symbolfigur der republikanischen Rechten. Nun droht ihm ein "erbärmlicher Absturz", so die "Washington Post". Die Ölfirma Veco soll Stevens Privathaus renoviert und ihm diverse Möbel geschenkt haben, alles zusammen im Wert von 250.000 Dollar (160.369 Euro). "Ein erneuter Schlag (...) für die Wahlaussichten der Republikaner", klagte das konservative "Wall Street Journal".
Die Vorwürfe kommen zu einer Zeit, in der das Image des US-Kongresses ohnehin auf einem Tiefpunkt ist. Der Ex-Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus, Tom DeLay, bezeichnete die Stimmung in der Grand Old Party schon vor Wochen als so "mies wie schon lange nicht mehr". Laut Umfragen bescheinigen ganze 13 Prozent der Amerikaner dem Kongress eine "gute Arbeit". Die allgemeine schlechte Stimmung in den USA, wo 80 Prozent der Menschen glauben, dass ihr Land sich grundsätzlich auf einem falschen Kurs befinde, schadet vor allem den Republikanern.
Zum einen sind sie die Partei des ungeliebten Präsidenten George W. Bush und damit besonders verantwortlich für den unpopulären Irak-Krieg, das beschädigte Ansehen der USA in der Welt, die Wirtschaftskrise und ausufernde Staatsverschuldung. Zum anderen erschütterten in den vergangenen Jahren eine Kette von Skandalen - angefangen von illegaler Wahlkampffinanzierung bis zu Sex-Affären im Kapitol - die Partei. Es scheine, dass für alles die Republikaner nun "den Preis zahlen werden", so das "Wall Street Journal".
Drei Nachwahlen -drei Niederlagen
Lostag ist der 4. November, wo nicht nur der Bush-Nachfolger bestimmt wird, sondern auch die 435 Abgeordneten des Repräsentantenhauses und 35 der 100 Senatoren. Schon jetzt haben die Demokraten in beiden Häusern die Mehrheit. Die Zeichen für eine Niederlage der Republikaner sind unübersehbar. Im Frühjahr verloren sie bei Nachwahlen zum Abgeordnetenhaus in Louisiana, Illinois und Mississippi bisher für sie sicher geltende Wahlkreise.
Gelingt es den Demokraten im Senat die magische Zahl von 60 Sitzen zu erobern, haben sie sich große Macht in Washington gesichert. Dann könnten Republikaner Abstimmungen nicht mehr durch "Filibuster" - Dauerreden - verhindern. Das Regieren würde für einen Präsidenten McCain enorm erschwert - sollte aber Obama ins Weiße Haus einziehen, hätte er in diesem Fall einen enormen Rückhalt für den versprochenen "historischen Wandel".