Zum Hauptinhalt springen

US-Schülerin verliert Rechtsstreit um Ortungsausweis

Von Alexander U. Mathé

Kommentare

Um dem Fernbleiben vom Unterricht beizukommen, haben Schulen in Texas begonnen, ihre Schüler mit Ausweisen mit Ortungssystem auszustatten.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Das Argument von Andrea Hernandez war ein wenig schwach. Sie wollte ihren mit einem Ortungschip versehenen Schülerausweis aus religiösen Gründen nicht tragen. Die 15-Jährige erklärte, sie unterwerfe sich damit falschen Göttern, der Wisch sei gleichzustellen mit dem "Malzeichen des Tieres" aus der Offenbarung im Neuen Testament. Die evangelikale Christin beschloss kurzerhand, ihren Ausweis nicht mehr zu tragen, woraufhin sie ihrer Schule in San Antonio im US-Bundesstaat Texas verwiesen wurde. Hernandez zog daraufhin vor Gericht, unterstützt von ihren Eltern, denen das permanente Tragen des Ausweises ebenfalls suspekt war.

Doch der Verweis auf ihre Religiosität war dem texanischen Richter dann doch zu wenig. Das Tragen des Ausweises habe "wenn überhaupt nur zufällig Auswirkung auf ihren Glauben". Zudem habe Hernandez schon früher einen Schülerpass getragen, ihre Ablehnung gegenüber dem neuen habe wohl eher säkulare denn religiöse Gründe.

In der Tat können die Schüler, mithilfe der Chips, die sie stets bei sich zu tragen haben, jederzeit und überall von der Schule geortet werden. Vom Imbiss vor der Schule bis hin zur Toilette in der Schule.

Hernandez´ inzwischen ehemalige Schule ist Teil eines ersten Versuchs in Texas, Schüler im großen Stil mit den Überwachungsausweisen auszustatten. Davon betroffen sind seit Herbst 4200 Schüler in einem Viertel im Norden von San Antonio. Funktioniert das System gut, soll es schon bald auf 112 Schulen und knapp 100.000 Schüler ausgeweitet werden.

Die Befürworter des Chipsystems argumentieren gerne, dass so unter anderem ein Ansturm auf Schulbuffet verhindert beziehungsweise dort die Logistik vereinfacht werden könne. Doch der offensichtliche und eigentliche Grund ist selbstverständlich, das Schwänzen der Schule zu verhindern. Denn da geht es für die Schulen um bares Geld, wird ihre Unterstützung durch den Staat doch teilweise aus Anwesenheitslisten errechnet. Je mehr und je vollzähliger, desto mehr Förderung gibt es. Bis zu 1,7 Millionen Dollar könnten so dazugewonnen werden. Da zahlen sich die Anschaffungskosten für die Chipausweise in Höhe von 261.000 Dollar schon aus.

Auch wenn sie die Klage verloren hat, so hat Hernandez damit doch etwas Außergewöhnliches geschafft: nämlich, dass fundamentalistische Christen und die Menschenrechtsorganisation Aclu Schulter an Schulter für eine gemeinsame Sache kämpfen. Immerhin hat die Schule Hernandez einen Kompromiss angeboten: Sie muss den Ausweis tragen, der Chip hingegen würde entfernt werden. Doch Hernandez´ Anwalt ist überzeugt, dass seine Mandantin das Angebot nicht annehmen und gegen das Urteil berufen wird.