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US-Senat fügt sich Bush

Von Daniel Jahn

Politik

Bush-Kandidat John Roberts wird neuer Chief Justice. | Washington. (afp) Zumindest an einer Front kann George W. Bush endlich wieder einen Sieg verbuchen. Während der US-Präsident wegen seines Hurrikan-Managements und Irak-Kurses massiv unter Druck steht und zuletzt auch noch von dem Wirbel um den wegen einer Korruptionsaffäre abgetretenen republikanischen Kongressführer Tom DeLay erfasst wurde, hat er jetzt seinen Kandidaten für den Vorsitz des Obersten Gerichts durchgesetzt.


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Am Donnerstag wurde John Roberts vereidigt, nachdem der Senat seiner Nominierung zugestimmt hatte. Die Bedeutung dieses Erfolgs kann gar nicht hoch genug eingestuft werden: Da der als konservativ geltende Roberts mit seinen 50 Jahren noch relativ jung ist und die obersten Richter auf Lebenszeit ernannt werden, könnte er dem Supreme Court über Jahrzehnte hinweg vorstehen.

Eigentlich hatte Bush den smarten Juristen für die Nachfolge von Sandra Day O'Connor auserkoren, die im Juli ihren Rücktritt vom obersten Gericht verkündet hatte. Doch nachdem Anfang September der Vorsitzende des Gerichts, William Rehnquist, an Krebs gestorben war, disponierte der Präsident rasch um und nominierte Roberts gleich für den obersten Posten. Roberts hat einen soliden konservativen Hintergrund, wirkt aber nicht wie ein Ideologe oder Fanatiker, weshalb die oppositionellen Demokraten wenig gegen ihn vorbringen konnten.

Dennoch schlägt Roberts zu seinem Amtsantritt viel Misstrauen entgegen. In seiner langwierigen Befragung durch den Justizausschuss vermied es Roberts mit peinlicher Sorgfalt, seine Position zur Abtreibung, und anderen strittigen Fragen auch nur anzudeuten.

Im Verlauf seiner Karriere hat sich Roberts in den zentralen gesellschaftlichen und juristischen Streitfragen bisher nie sonderlich exponiert. In Washington arbeitete er elf Jahre im Regierungsapparat sowie zehn Jahre für eine renommierte Kanzlei und erwarb sich den Ruf eines brillanten Anwalts, bevor er erst vor zwei Jahren Richter wurde.

Kampf um Balance

Wegen des beispiellosen Einflusses, den der Supreme Court auf die politische Grundströmung des Landes ausübt, steigt Roberts nun zu einem der wichtigsten Männer im Staat auf. Dennoch könnte der Konflikt um die künftige Ausrichtung des Gerichts erst in voller Schärfe entbrennen, wenn Bush seinen Kandidaten für die Nachfolge von O'Connor benennt.

Denn mit Roberts für Rehnquist rückt ein Konservativer für den anderen nach. O'Connor dagegen ist eine Moderate, die am Gericht den Ausschlag manchmal zu Gunsten des konservativen, manchmal des liberalen Lagers gab. Sollte sie durch einen strammen Konservativen ersetzt werden, könnte dies die Ausrichtung des Gerichts verschieben. Die Demokraten könnten sich durch die Schwäche des Präsidenten ermuntert sehen, gegen die zweite Nominierung aufzubegehren. Ein großer Sturm braue sich zusammen, erklärt Leonard Leo, ein konservativer Rechtsberater, der mit dem Weißen Haus zusammenarbeitet. "Das wird ein Riesenkampf."