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US-Steuerzuckerln für Anti-US-Politik

Von David Ignatius

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Der Autor war Chefredakteur der "International Herald Tribune". Seine Kolumne erscheint auch in der "Washington Post".

In den USA sind Spenden für wohltätige Organisationen steuerfrei. Mitunter werden diese Gelder jedoch für Zwecke genutzt, die den Zielen der USA deutlich widersprechen.


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Seit sehr langer Zeit lehnt die amerikanische Politik das Sammeln privater Hilfsgelder für die israelischen Siedlungen in der West Bank ab. Diese gelten als Hindernis für den Friedensprozess. Dennoch fahren einige US-Organisationen auch gegen den Willen der neuen US-Regierung fort, steuerbefreite Spenden zur Unterstützung der israelischen Siedler zusammenzutragen.

An sich sind diese finanziellen Unterstützungen nicht gesetzwidrig. Sie sind den anderen steuerbefreiten Spenden vergleichbar, die für tausende ausländische Organisationen gesammelt werden, von Gruppen, die oft bekannt sind als "Amerikanische Freunde des .. .". Aber Kritiker der israelischen Siedlungspolitik hinterfragen, warum US-Steuerzahler gezwungen werden, indirekt eine Aktivität zu unterstützen, die ihre eigene Regierung ablehnt.

Eine Untersuchung der Aufzeichnungen der US-Finanzbehörden, des "Internal Revenue Service" (IRS) brachte folgendes Ergebnis: 28 Wohltätigkeitsvereine haben zwischen 2004 und 2007 - steuerbefreit - insgesamt 33,4 Millionen US-Dollar für israelische Siedlungsaktivitäten gesammelt.

"Das ist ein Thema, das bisher nicht die Aufmerksamkeit bekommen hat, die es verdient", sagt Ori Nir, Sprecher von "Americans for Peace Now", einer Gruppe, die gegen die israelische Siedlungspolitik auftritt: "Ich weiß nicht, wie vielen Menschen, auch in der US-Regierung, überhaupt das Ausmaß dieser Unterstützung für die Siedler klar ist. Jeder Dollar für die Siedlungen macht den Frieden in Nahost noch schwieriger."

Auch die neue US-Regierung war bereits mit der Auseinandersetzung um die umstrittene israelische Siedlungspolitik konfrontiert, als Außenministerin Hillary Clinton Anfang März Israel besuchte und dabei das Zerstören von palästinensischen Häusern in Jerusalem kritisierte. "Das ist ganz eindeutig nicht hilfreich", sagte sie damals. Irrtum, antwortete ihr Jerusalems Bürgermeister Nir Barkat, denn die palästinensischen Häuser seien illegal erbaut worden.

"Ir David" (Stadt Davids), eine der dort tätigen israelischen Organisationen, erhielt wie die anderen Siedler unterstützenden Gruppen Spenden aus den USA: Laut IRS sammelten die "Freunde von Ir David" im Jahr 2004 8,7 Millionen US-Dollar, im Jahr darauf 1,2 Millionen, und 2006 weitere 2,7 Millionen. Die (steuerbefreienden) Ziele der Organisationen erfährt man aus den IRS-Unterlagen: finanzielle Unterstützung für die jüdische Bevölkerung von Jerusalem, für Bildungsprogramme und Wohnbauprojekte.

Ein jordanischer Regierungsvertreter sagte diese Woche, dass Organisationen wie "Ir David" den demografischen Charakter von Ost-Jerusalem unbedingt verändern wollen, um eine Zwei-Staaten-Lösung zu vereiteln.

Hebron ist ebenfalls ein umstrittenes Gebiet, und auch hier haben israelische Siedlungen beträchtliche steuerfreie Unterstützungen aus den USA erhalten. Laut IRS ging es 2005 um 860.637 Dollar und im Jahr darauf um 967.954 Dollar. Die Siedlung Kiryat Arba erhielt 2006 von einer Gruppe namens "American Friends of Yeshiva High School of Kiryat Arba" 730.000 Dollar.

Oft geben die Sammler an, dass es sich um Gelder für Wohltätigkeitsvereine in Israel handle, obwohl es um Empfänger in der West Bank geht, also laut USA um ein besetztes Gebiet.

Die Spannungen um die israelischen Siedlungsaktivitäten werden sich in nächster Zeit wohl ausweiten: Avigdor Lieberman, den der designierte israelische Premierminister Benjamin Netanyahu zu seinem Außenminister machen möchte, lebt in der West-Bank-Siedlung Nokdim, in der Nähe von Bethlehem.