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US-Versicherer AIG taumelt

Von WZ-Korrespondent John Dyer

Wirtschaft

Fed arbeitet im Hintergrund an Rettungsaktion. | Private Banken sollen mit Milliarden-Kredit einspringen. | Boston. AIG hängt schwer angeschlagen in den Seilen. Insgesamt hat der Kurs von American International Group (AIG), einem der größten Versicherer der Welt, seit Anfang des Jahres um rund 93 Prozent nachgegeben. Das gesamte Unternehmen war damit bei Handelsschluss am Montag nur noch 12,8 Mrd. Dollar (9,0 Mrd. Euro) wert. Das steht in einem krassen Missverhältnis zur Größe des Unternehmens: Mit seinen 116.000 Mitarbeitern weltweit erzielte AIG im vergangenen Jahr einen Umsatz von 110 Mrd. Dollar. Allein der Reingewinn betrug 6,2 Mrd. Dollar (4,4 Mrd. Euro).


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Schlechtes Rating

Doch AIG braucht Geld, und zwar rasch. Allein die Abwertung des Unternehmens durch die wichtigsten Bewertungsgesellschaften am Montag kostet AIG Milliarden. Fitch Ratings, Standard & Poor´s und Moody´s Investors stuften den Versicherungsriesen herunter. Mit dieser Neueinstufung ist AIG gezwungen, 14 Mrd. Dollar (9,8 Mrd. Euro) aufzubringen, um auch nur bestehende Geschäfte abzusichern. Doch dazu ist der Versicherer nicht mehr in der Lage. Bereits am Wochenende hatte AIG-Chef Robert Willumstad die Notenbank Federal Reserve (Fed) um einen Überbrückungskredit von 40 Mrd. Dollar (28,1 Mrd. Euro) gebeten. Springt ihm kein Retter bei, muss er Bankrott anmelden.

Die Federal Reserve (Fed) ist allerdings bisher nicht bereit, Geld zu geben. Sie versucht den Zusammenbruch abzuwenden, indem sie eine Rettungsaktion durch die zwei US-Geldhäuser JP Morgan Chase und Goldman Sachs koordiniert. Die beiden Institute sollen 75 Mrd. Dollar (52,7 Mrd. Euro) für AIG aufbringen. Doch ob sie dazu in der Lage sind, ist offen. Die Behörden des Bundesstaats New York haben inzwischen dem angeschlagenen Versicherer gestattet, Geld von seinen eigenen Tochterunternehmen zu leihen. Das ist unter normalen Umständen nicht zulässig.

Im Frühjahr stellte die Fed eine Garantie von 29 Mrd. Dollar (20,4 Mrd. Euro) zur Verfügung, um die Übernahme von Bear Stearns durch JP Morgan zu ermöglichen. Vor rund zehn Tagen verstaatlichte die Regierung die beiden Hypothekenriesen Fannie Mae und Freddie Mac.

Staat doch als Retter?

Die beiden Rettungsaktionen seien genug, um die Wirtschaft vor den Folgen der Krise zu schützen, machte Präsident George Bush noch vor kurzem klar. "Kurzfristig mögen die jetzigen Anpassungen auf den Finanzmärkten schmerzhaft sein, sowohl für die Investoren als auch für die Beschäftigten der betroffenen Firmen", sagte er am Montag. "Langfristig bin ich optimistisch, dass unsere Kapitalmärkte flexibel und widerstandsfähig genug sind." Ein Zusammenbruch der AIG würde das Bild freilich dramatisch ändern. Das Unternehmen ist eng mit der Finanzwirtschaft und der Wirtschaft im ganzen Land verwoben.

Dienstagnachmittag (US-Zeit) verdichteten sich indes einem Bericht des Fernsehsenders CNBC zufolge Gerüchte, dass die Regierung doch Steuergeld in die Hand nehmen wolle, um AIG zu retten.