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US-Wahlkampf als "Money-Race"

Von WZ-Korrespondentin Heike Warmuth

Politik

Wahlkampfbudget von einer Milliarde Dollar zu erwarten. | Der erste Kandidat ist schon gescheitert. | NewYork. "Ich kann es einfach nicht lassen", lacht Maureen und starrt gebannt auf ihren Computer. Sie ist nervös und will wissen, wie viele Geldgeber von ihrer Email-Liste für den Präsidentschaftskandidaten Barack Obama spenden werden. "Ich mag Obama und will, dass er gewinnt", erklärt sie ihre Hartnäckigkeit, mit der sie versucht, so viel Geld wie möglich für den charismatischen Jungpolitiker aus Chicago aufzutreiben.


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"Obwohl es mir nicht nur ums Geld geht", sagt sie. Für sie ist es genauso wichtig, all ihre Kontakte warm zu halten, die sie über die Jahre als Fundraiserin für mehrere prominente demokratische Kandidaten, darunter auch den letzten Präsidentschaftskandidat der Demokraten, John Kerry, gesammelt hat.

Eigentlich hat Maureen geschworen, nie wieder den Finger zu rühren, um Geld für einen politischen Kandidat aufzustellen. Doch Obama hat sie überzeugt und sie will, dass er als Sieger aus den Anfang nächsten Jahres stattfindenden Vorwahlen hervorgeht.

So wie Maureen engagieren sich in den USA zur Zeit Tausende kleine und große Fundraiser, um ihren Wunschkandidaten zum nächsten Präsidenten der USA zu machen. Sie wissen, dass Geld die Muttermilch der Politik ist, wie dies der 1987 verstorbene demokratische Politiker Jesse Unruh einst formulierte. Und dass mehr als je zuvor die verfügbaren Finanzmittel über Sieg oder Niederlage bestimmen.

Noch sind es elf Monate bis zu den ersten Vorwahlen (Primaries) - aber die Fundraising-Maschinerien laufen bereits auf Hochtouren. Am 31. März endet die nächste Spenden-Meldefrist vor der US-Wahlkommission (Federal Election Commission - FEC). Bis dahin will jeder der bis dato bekannten acht demokratischen und elf republikanischen Kandidaten mit einer Rekordsumme aufwarten. Nur das garantiert ernst genommen und von den Medien bemerkt zu werden.

22.000 Dollar pro Tag

Politische Beobachter rechnen, dass die besten unter ihnen mindestens 100 Millionen Dollar zusammenkratzen müssen, um ernste Chancen zu haben, als End-Kandidat ins Hauptrennen geschickt zu werden. Das sind etwa 22.000 Dollar am Tag, 1,5 Millionen pro Woche, die aufgetrieben werden müssen.

Bislang galt Hillary Clinton als die beste Geldbringerin der US-Demokraten. Doch hat es Barack Obama in den letzten Wochen geschafft, Hillarys Pole-Position streitig zu machen.

Vor der diesjährigen Oskar-Verleihung etwa konnte der "Tiger Woods der Politik" (wie Maureen Dowd von der "New York Times" den schwarzen Jungpolitiker vor kurzem bezeichnete) bei einem Dinner-Empfang im Ballsaal des blumengeschmückten Beverly Hilton auf einen Schlag 1,3 Millionen Dollar eintreiben. Hollywood-Größen, wie George Clooney, Barbara Streisand, Eddie Murphy oder Jennifer Aniston gaben sich ein Stelldichein - und dem brillanten Redner gleich einmal freizügig 2.300 Dollar für seine Wahlkampfkasse. Das ist das Maximum, dass eine Einzelperson laut US-Wahlgesetz pro Kandidat und Wahl spenden darf. Das zunächst gekränkte Hillary-Camp konnte sich trösten: Bei seiner Hollywood-Gala mit Barbara Streisand und Paula Abdul kamen 2,6 Millionen in die Kassa.

Bei den Republikanern haben der "Bürgermeister Amerikas", Rudi Giuliani, der ehemalige Governeur of Massachusetts, Mitt Romney, als auch Senator John McCain gleichermaßen das Zeug, ihre Verbindungen gewinnträchtig spielen zu lassen. Romney wird ein gutes Verhältnis zur Geschäftswelt, McCain ein solches zu den Parteikollegen nachgesagt. Giuliani kann auf seine große Bekanntheit vertrauen.

Dinners und E-Mails

"Ich glaube, wir werden mehrere Kandidaten sehen, die allein in diesem Jahr 100 Millionen Dollar auftreiben werden", sagt Michael Toner, Chef der US-Wahlbehörde FEC. Er führt an, dass in der Vorwahlphase von 2004 Präsident George W. Bush und der demokratische Herausforderer John Kerry bereits jeweils 250 Millionen Dollar gesammelt haben. Er sagt sogar voraus, dass die beiden Spitzenkandidaten letztendlich mindestens 500 Millionen Dollar für die Generalwahl aufstellen werden. "Das wird die erste Milliarden-Wahl überhaupt."

Die Wahlkämpfer sind somit bis oben hin mit Geldauftreiben ausgebucht. Mindestens 50 Prozent pro Tag verbringen potentielle Kandidaten in den USA mit Fundraising. Frühstück mit Anwälten, Mittagessen mit Hedgefond-Managern, Cocktail-Empfang mit Jungunternehmerinnen, und Dinner mit Vertretern aus gemeinnützigen Organisationen gehören dabei zur Routine.

Darüber hinaus werden noch unzählige Bitt-Briefe und Emails versendet, Telefonate gemacht, Spendenveranstaltungen organisiert, und das Internet zur Hilfe gebeten. Mit der Wahl 2004 wurde das Internet zu einem der bedeutendsten Mobilisierungs- und Fundraising-Werkzeuge der Wahlkampfteams. John Kerry konnte damit 79 Millionen Dollar einspielen. Die Minimumspende, die man heuer bequem von zu Hause per Mouseklick überweisen kann, sind 25 Dollar.

Der erste Kandidat, der den Vorwahl-Zirkus aus Geldmangel bereits verlassen hat, ist der ehemalige Governeur von Iowa, Tom Vilack. "Es ist das Geld, und nur das Geld, und dass ist der Grund warum wir gehen".

"Schade", sagt dazu etwa Jon Christopher Bua, politischer Kommentator für zwei europäische TV-Stationen und ehemaliger Angestellter im Weißen Haus unter Bill Clinton. "Wir haben eine obszöne Parteispenden-Situation. Sie eliminiert viele gute Kandidaten, nur weil sie es nicht schaffen, genug Geld aufzutreiben."