Fed hebt Leitzins zweites Mal in Folge um 0,75 Punkte an, inzwischen schrumpft aber die Wirtschaftsleistung.
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Seit März dreht die Federal Reserve, die Notenbank der USA, Monat für Monat an der Zinsschraube, um die ausufernde Inflation einzudämmen. Doch bisher haben sich ihre geldpolitischen Maßnahmen als zahnlos erwiesen. Der Höhenflug der Verbraucherpreise setzte sich im Juni nämlich unvermindert fort - mit einem Anstieg der Teuerungsrate auf 9,1 Prozent, den höchsten Wert seit vier Jahrzehnten. Vor diesem Hintergrund haben sich die Währungshüter der weltgrößten Wirtschaftsnation zur Wochenmitte offensichtlich gezwungen gesehen, nochmals einen Kraftakt zu setzen. Den Leitzins hoben sie dabei um weitere 0,75 Prozentpunkte an - auf die neue Spanne von 2,25 bis 2,50 Prozent.
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Die US-Wirtschaft hat ihre Talfahrt indes überraschend fortgesetzt, sie ist damit in eine Rezession abgerutscht. Hochgerechnet auf das Jahr schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) auch im zweiten Quartal - und zwar um 0,9 Prozent, wie das Handelsministerium am Donnerstag bekanntgab. Im ersten Quartal war die Wirtschaftsleistung der USA bereits um 1,6 Prozent gesunken. Schrumpft das BIP zwei Quartale in Folge, sprechen Ökonomen von einer technischen Rezession.
Tags zuvor hatte Fed-Chef Jerome Powell nach dem Zinsmeeting noch erklärt, dass er nicht glaube, dass sich die US-Wirtschaft in einer Rezession befinde. Dank des starken Arbeitsmarkts könne derzeit von einer Konjunkturschwäche auf breiter Basis keinesfalls die Rede sein.
Für ihr entschlossenes Handeln im Kampf gegen die massive Teuerung streut Peter Brezinschek, Chefanalyst der Raiffeisen Bank International (RBI), der Fed Rosen: "Die US-Notenbank setzt starke Ausrufezeichen bei ihren Leitzinserhöhungen. Mit noch nie gekanntem Tempo hat sie in nur vier Monaten die ,Fed Funds Rates‘, die den amerikanischen Geldmarkt dominieren, um mehr als 200 Basispunkte (zwei Prozentpunkte, Anm.) angehoben."
Für Brezinschek - und etliche andere Beobachter aus seiner Zunft - ist das allerdings noch nicht das Ende der Zinsreise. "Der jüngste Verbraucherpreisanstieg hat die Fed sensibilisiert", erklärt der RBI-Experte. "Inflationsbekämpfung hat jetzt absoluten Vorrang - auch um den Preis einer Rezession." Laut Brezinscheks Einschätzung sollten die US-Zinsen daher bis zum Jahresende 2022 die Drei-Prozent-Marke deutlich übertroffen haben und damit weit vor den Euro-Geldmarktzinsen liegen.
Was kommt im September?
Vorerst verabschiedet sich die Fed aber in die Sommerpause. Ihr nächstes Zinsmeeting ist für den 21. September angesetzt. Was die US-Notenbanker bei diesem Treffen zu tun gedenken (vor allem nachdem eine Rezession nun amtlich ist), ist noch offen. Einen klaren Hinweis hat Powell nach der Juli-Sitzung jedenfalls nicht gegeben. Elmar Völker, Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg, hält jedoch einen "dritten ,Jumbo‘-Zinsschritt um 75 Basispunkte in Folge" für realistisch. Seine Begründung: Eine echte Entspannung beim Preisdruck sei kurzfristig - trotz zuletzt rückläufigen Energiepreise - nicht zu erwarten.
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Powell selbst wollte einen dritten großen Schritt in seiner Pressekonferenz am Mittwoch zwar nicht ausschließen. Abhängig wäre ein solcher aber von den eingehenden Daten, wie er betonte. Die Tür für eine weitere Zinsanhebung um 0,75 Prozentpunkte bleibt damit offen. Indes will Monika Rosen, Finanzmarktexpertin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft (ÖAG), keine konkrete Prognose zum Ausmaß des nächsten Schritts geben. Sie verweist aber auf den Markt: "Dort ist die Wahrscheinlichkeit derzeit stärker gepreist für einen Anstieg um 0,50 Prozentpunkte im September."
Warten auf Jackson Hole
Ein "größeres Update" der Fed dazu, wie es mit den US-Zinsen weitergeht, könnte es laut Christian Scherrmann, der bei dem zur Deutschen Bank gehörenden Vermögensverwalter DWS als Volkswirt für die USA zuständig ist, in knapp einem Monat beim traditionellen Welttreffen der Notenbanker in Jackson Hole (Wyoming) geben. Das vom 25. bis 27. August stattfindende Wirtschaftssymposium "ist ein heißer Kandidat für mögliche Anpassungen des geldpolitischen Ausblicks", so der Ökonom. "Da die Inflation bis dahin höchstwahrscheinlich immer noch zu hoch sein wird, erwarten wir, dass die Notenbanker andeuten werden, ihre Geldpolitik weiter zu straffen, wenn auch wahrscheinlich in kleineren Schritten." Dass die Fed bei ihren Zinserhöhungen tendenziell wieder vom Gas steigt, hat Powell am Mittwoch im Übrigen auch signalisiert - zur Freude der Märkte.