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USA entdecken Südamerika neu

Von Alexander U. Mathé

Politik

Die Südamerika-Reise von US-Außenministerin Condoleezza Rice neigt sich dem Ende zu. Nach Brasilien, Kolumbien und Chile sollte die Chefdiplomatin heute, Samstag, in San Salvador ihre Tour abschließen. Ihre oft wiederholte Botschaft: Mehr Demokratie und Zusammenarbeit in ganz Amerika für eine Blüte des Kontinents. Wichtigstes Anliegen ist es, die gelockerte Bande zwischen den USA und Südamerika wieder zu straffen.


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Dass George W. Bush große Pläne für Lateinamerika hatte, war bereits bei seinem Amtsantritt als US-Präsident im Jahr 2000 klar. Statt traditionellerweise Kanada mit seinem ersten Staatsbesuch zu beehren, besuchte er seinen Amtskollegen Vicente Fox in Mexiko. Ein deutliches großamerikanisches Signal.

Noch ehe Bush mit seinen Plänen durchstarten konnte, kam es zu den Anschlägen vom 11. September 2001. Während des folgenden Irak-Kriegs wurde die Südamerika-Politik der USA zwangsläufig vernachlässigt. Jetzt, da erste Anzeichen von Stabilität im Golfstaat erkennbar sind, will sich Bush offensichtlich wieder seinen ursprünglichen Ambitionen widmen. Doch inzwischen hat sich viel getan.

Während die USA im Irak kämpften, brach in Südamerika ein Land nach dem anderen politisch nach links weg. Mittlerweile sind im Großteil des Subkontinents Sozialisten an der Macht; darunter Argentinien, Brasilien, Chile, Uruguay und Venezuela. Boliviens Präsident Mesa entging mit einem geschickten Manöver einer politischen Umwälzung. China hat die Zeit genutzt und ist mit Investitionen groß in Südamerika eingestiegen.

Wie sehr die USA an Terrain verloren haben, zeigt sich unter anderem an der Organisation Amerikanischer Staaten. Sie ist Medienberichten zufolge finanziell schwer angeschlagen und seit 15. Oktober 2004 ohne Chef. Der salvadorianische Favorit der USA für das Amt, Francisco Flores, musste mangels Unterstützung aufgeben. Die folgenden neuen Kandidaten, der US-gestützte Mexikaner Ernesto Derbez und der Chilene Jose Miguel Insulza, erhielten gleichviel Stimmen.

In einem ersten Vortasten hat sich die US-Außenministerin auf eine Vier-Länder-Tour nach Südamerika begeben. Die Reise gilt als Vorbereitung für Bushs Besuch auf dem Subkontinent im November. Dabei dürfte das Ausloten der Verlässlichkeit potentieller Bündnispartner ein wesentlicher Aspekt sein. Viele Regierungen betreiben nämlich trotz ihrer sozialistischen Orientierung eine Wirtschaftspolitik, die den USA durchaus entgegenkommt.

Bush hat vor, eine Freihandelszone von Alaska bis Feuerland zu schaffen. Sie soll US-amerikanischen Produkten neue Märkte öffnen und Arbeitsplätze in den USA schaffen. Damit würde er die Arbeit seines Vaters, des früheren Präsidenten George H.W. Bush, vollenden. Noch dieses Jahr sollen die Weichen dafür gestellt werden.

Da kommt Venezuela mit Hugo Chavez ungelegen, dem die USA vorwerfen, ein Diktator zu sein und die Region zu destabilisieren. Vor allem die Aufrüstung des Erdöllandes bereitet den USA Sorge. Sie fürchten, dass auf diese Weise Rebellen in Kolumbien unterstützt werden sollen.

Daher ruft Rice auf ihrer Tour permanent nach mehr Demokratie, in der Hoffnung auf ein Echo einflussreicher Staaten wie Argentinien, Brasilien und Chile. Sie sollen für Stabilität in der Region sorgen und so eine florierende Zusammenarbeit ermöglichen.