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USA: Im Namen der Freiheit gegen eine demokratische Übermacht

Von Alexander U. Mathé

Analysen

Republikanische Senatoren tüfteln Tag und Nacht, wie sie die US-Gesundheitsreform verhindern können. Aufgebrachte Massen brüllen Parolen gegen Sozialismus und gegen Präsident Barack Obama, den sie mit Hitler vergleichen. Doch woher kommt diese erbitterte Ablehnung von etwas, was in Europa als selbstverständlich gilt? Der Schlüssel ist der bedingungslose Freiheitsbegriff auf der anderen Seite des großen Teichs. | Die Republikaner haben erfolgreich suggeriert, dass mit der Gesundheitsreform (wenn auch im Namen der Menschlichkeit) an den Grundfesten Amerikas gerüttelt wird; einem Land, das sich geschworen hat, die Freiheit des Einzelnen über alles zu stellen. Im "land of the free" bewaffnen sich Menschen mit der Begründung, dass sie die Möglichkeit haben müssen, sich gegen den Staat zu verteidigen; gegen seine Eingriffe, gegen seine Übergriffe. Ausgerechnet in diesem Land schreibt nun der Staat fast der gesamten Bevölkerung unter Androhung drakonischer Strafen vor, eine Krankenversicherung abzuschließen.


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Selbst wenn ein gewisses Verständnis dafür vorhanden ist, armen und unterprivilegierten Amerikanern eine angemessene Versorgung im Krankheitsfall zukommen zu lassen, so sehen doch viele Bürger nicht ein, warum sie auf einmal in ihrer (Wahl-)Freiheit eingeschränkt werden sollen.

"Wenn ich bei voller Gesundheit das Risiko eingehen möchte, mich nicht zu versichern, und so Geld sparen kann, darf mir das der Staat doch nicht verbieten. Schließlich ist es mein Geld. Schließlich ist es meine Gesundheit." So oder so ähnlich lauten da die Überlegungen der Reformgegner. Der staatliche Zwang klingt in den Ohren vieler Amerikaner - und zwar sowohl Demokraten wie Republikanern - nach kommunistischer Planwirtschaft, an deren Spitze ein Tyrann Barack Obama steht.

So greift manch einer gegen den Sozialismus zur Waffe und stürmt damit in sein Rathaus. So versenden Bürger Morddrohungen an Abgeordnete. So marschieren wütende Massen auf das Parlament: Im Namen der Freiheit. Deren Verteidigung haben sich die Republikaner auf ihre Fahnen geschrieben. Dabei geht es ihnen allerdings nicht nur um hehre Ideale.

Im Gegensatz zu den Demokraten haben sie begriffen, dass sie viel bewirken können, wenn sie geschlossen handeln. Das Resultat: Es hat sich nicht ein republikanischer Abweichler bei den Abstimmungen gegen die demokratische Übermacht in Senat und Repräsentantenhaus gefunden. Das Ziel: Über die Gesundheitsreform Barack Obama zu Fall zu bringen. Dass dieser Plan knapp gescheitert sein soll, will manch einer nicht wahrhaben, was Störaktionen bis zum bitteren Ende bringt.

analyse@wienerzeitung.at