Mit dem Schlachtruf "Erinnert Euch an die ,Maine'" begann die USA den Spanisch-Amerikanischen Krieg im Jahr 1898. Die ,Maine' war ein Kriegsschiff, das im Hafen von Havanna in die Luft geflogen war. Obwohl der Kapitän Zweifel daran hegte, dass Spanier die Täter waren, zogen die USA in den Krieg. Neue Untersuchungen haben ergeben, dass die Explosion durch Kohlenstaub hervorgerufen worden ist und nicht durch die Bombe eines Saboteurs. Aber der Krieg hat den USA einige sehr begehrte Territorien beschert.
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Gleich nachdem Amerika die Kriegserklärung ausgesprochen hatte, brachte einer der ersten Filmemacher, "Vitagraph", den Film "Tearing Down The Spanish Flag" heraus. Der Streifen wird oft als der Ursprung dessen zitiert, was kritische Stimmen Propaganda nennen. Aber das amerikanische Publikum liebte den Film.
Berichten zufolge wurde es dadurch mit einem Siegesgefühl durchdrungen und mit der Bewunderung für die amerikanische Kriegsführung. Zuseher der Filmvorführungen von "Black Hawk Down" oder "We Were Soldiers" (deutscher Titel: "Wir waren Helden", Anm.), müssen sich ähnlich fühlen - außer sie sind aus Somalia oder Vietnam. An einem Novembertag traf sich Karl Rove, der oberste politische Berater der Bush Administration, mit Hollywood Filmemachern. Danach betonte Rove, dass die Regierung nicht auf Propaganda aus sei. "Wir müssen erkennen, dass konkrete Information, die ehrlich, präzise und integer vorgebracht wird, wichtig ist", so Rove.
"Black Hawk Down" ist ein Film, der beweist, dass die Wahrheit das erste Opfer eines Krieges ist. Einerseits bietet der Film eine spannende Kriegsepisode. Andererseits ist er eine Meisterstück der Fehldarstellung der Intervention der USA und der UN in Somalia im Jahr 1993.
Während der 80er Jahre hatte Amerika den somalischen Diktator Siad Barre unterstützt und ihn mit Getreide und Waffen versorgt. Die Kornlieferungen drängten heimische Kleinbauern vom Markt. Mit dem Ende des Kalten Krieges, endete auch die Unterstützung. Dadurch, dass nur noch wenige Bauern übrig geblieben waren, setzte Hunger ein, und ein Bürgerkrieg brach aus. Die USA schritten jedoch erst nach Ende der ärgsten Hungersnöte ein und es gab Hinweise, dass mehr als nur menschliche Motive die Hilfsbemühungen steuerten.
"Tief unter der Oberfläche des tragischen Dramas von Somalia sitzen vier große US-Ölfirmen ruhig auf einem zukunftsträchtigen Vermögen", so ein Artikel in der "Los Angeles Times" aus dem Jahr 1993. Die "Times" deckte auf, dass Siad Barre nahezu zwei Drittel von Somalia an die Firmen Conoco, Amoco, Chevron und Phillips aufgeteilt hatte. Aber es war die Art der US- und UN-Militäroperationen, die die Probleme brachte.
Der Film "Black Hawk Down" beginnt damit, dass die Truppen des Kriegsherren Aidid aus Maschinengewehren auf hungernde Zivilisten feuern - doch es gibt keinen Beweis, dass das jemals wirklich geschehen ist. Die Menschenrechtsgruppe "Africa Watch" hat vielmehr dokumentiert, dass US/UN-Truppen "Menschenrechtsverstöße begangen haben, inklusive des Tötens von Zivilisten". Vor dem Vorfall mit den Black Hawk Hubschraubern (zwei wurden abgeschossen, Anm.) waren US/UN-Truppen verantwortlich für eine beträchtliche Anzahl von zivilen Todesopfern und Verletzten - darüber haben die USA nie eine Untersuchung eingeleitet.
Ländern wie Italien, Belgien und Kanada muss zu Gute gehalten werden, dass sie Untersuchungen der Übergriffe ihrer Truppen in Somalia eingeleitet haben. Die Ergebnisse brachten erschreckende Fälle von Mord, Folter und Vergewaltigung zu Tage. Ähnliche Vorwürfe wurden auch den Truppen der USA gemacht.
Die Probleme der US-Operation gipfelten darin, dass amerikanische Streitkräfte die Hauptquartiere des UNO-Entwicklungsprogrammes, der gemeinnützigen Organisation "World Concern" und der Nobelpreisträger "Ärzte ohne Grenzen" stürmten. Danach griffen US-Truppen ein Treffen von Aidids Clanführern an, die zusammen gekommen waren, um eine UN-Friedensvorlage zu besprechen - 54 Menschen starben.
Während des Black Hawk Vorfalls, als die US Truppen unter Beschuss standen, sperrten sie somalische Frauen und Kinder in das Gebäude, in dem sie unter Belagerung standen. Aber das sind Vorfälle, die nicht in "Black Hawk Down" gezeigt werden - einem Film, der den Eindruck erweckt, dass die US-Truppen nur von ihrer Besorgnis um das Wohlergehen der Unschuldigen gelenkt worden sind.
Im Vergleich zu "Black Hawk Down" bietet Mel Gibsons "We Were Soldiers" eine zutreffendere Momentaufnahme des Vietnamkonflikts - es ist aber nur das: eine Momentaufnahme. Es fehlt sowohl der Hintergrund, vor dem die Dinge passiert sind, als auch die zunehmenden Gräueltaten der US Streitkräfte.
Der Film gibt einen Teil des Kampfes im la Drang Tal im Jahr 1965 wieder. Die Bilanz von la Drang waren 300 tote US-Soldaten und 2.000 tote Vietnamesen. Für General William Westmoreland, US- Truppenkommandeur, war das der Beweis, dass die Taktik, die bei la Drang angewendet worden war, helfen könnte, den Krieg zu gewinnen. Innerhalb eines Jahres stieg die Intervention durch die USA sprunghaft an: von 250.000 auf 440.000 Soldaten. Am Ende des Krieges waren unter den Amerikanern 58.000 Opfer zu beklagen und bei den VietnamesInnen 3,8 Millionen. Der frühere US-Verteidigungsminister Robert McNamara leitete den Krieg die meiste Zeit. "Es gab nie eine Chance für einen Sieg, ohne Völkermord oder das Risiko eines großen Krieges mit China und Russland", sagte er 1999 - und weiter: "Die Mehrzahl unserer Entscheidungen wurde auf der Basis von falschen Wahrnehmungen, falschen Berechnungen und Fehleinschätzungen gefällt."
1970 zerfiel die US-Armee in Vietnam. Einem Artikel in "Armed Forces" aus dem Jahr 1971 zufolge, befand sich "unsere Armee, die noch in Vietnam ist, in einem Zustand, der sich dem Kollaps nähert. Einzelne Einheiten meiden oder verweigern den Kampf, bringen ihre Offiziere und Unteroffiziere um, sind im Drogenrausch und mutlos, wenn sie nicht überhaupt schon nahe der Revolte sind". "Zwischen 1969 und 1972 kam das ,fragging' auf (vom US-Slangwort ,frag' für Handgranate, Anm.) - das bedeutet das Töten seines Unteroffiziers oder Offiziers mit einer Schusswaffe oder einer Handgranate", erklärt der Historiker Terry Anderson.
Dokumentarfilme über Vietnam, wie "Winter Soldier" oder der Oscar preisgekrönte Film "Hearts and Minds", bieten einen starken Kontrast zu "When We Were Soldiers". Die beiden zuerst genannten Filme stellen dar, wie Soldaten trainiert wurden, ihre Moral zu verdrängen und dafür ihre Instinkte für Aggression zu verschärfen. Es wird auch der Horror dargestellt, zu dem das führte. In der Dokumentarreihe "Vietnam: A Televised History", erinnert sich ein Überlebender einer Gräueltat: "Wir waren zu zehnt in einer Strohhütte als die amerikanischen Soldaten ankamen. Ich winkte ihnen zu. Sie lachten und schmissen eine Granate in die Hütte. Ich war der einzige, der überlebte."
Im Jahr 2000 schlussfolgerte der Gesundheitsgipfel des US-Kongresses, dass "gewalttätige Unterhaltung eine Gefahr für die Gesundheit der Öffentlichkeit darstellt". Der Gipfel erklärte, dass "was wir sehen, hören und erleben unsere Einstellungen zu bestimmten Dingen, unsere Annahmen und unsere Sichtweise formt und in der Folge unsere Handlungsweise bestimmt".
Es ist ein interessantes Paradoxon, dass die US-Administration Hollywood wegen des "Verkaufs von Gewalt an junge Leute" verdammt hat und doch nun selbst erpicht darauf zu sein scheint, dass die Filmstudios der Welt Krieg verkaufen.
Übersetzung: Barbara Ottawa