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USA: Koran-Debatte übertrieben

Von WZ Online

Politik

Die US-Regierung hat die bestätigten Fälle von Koran-Entweihungen durch US-Soldaten als die Taten Einzelner bezeichnet. Zudem warf Regierungssprecher Scott McClellan den Medien vor, die Vorfälle aufgebauscht zu haben.


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"Es ist bedauernswert, dass einige beschlossen haben, einige wenige isolierte Vorfälle von einigen wenigen Einzelpersonen aus dem Zusammenhang zu nehmen, ohne die Politik und Vorgehensweisen der großen Mehrheit, den 99,9 Prozent unserer Militärangehörigen, zu verdeutlichen", sagte er am Samstag (Ortszeit). Es habe drei Mal so viele bestätigte Fälle von Koran-Entweihungen von Seiten der Inhaftierten wie durch US-Militärs gegeben.

Die USA hatten am Vortag erstmals falschen Umgang mit dem Koran in dem Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba eingeräumt. Demnach gab es fünf Fälle, in denen das heilige Buch der Moslems respektlos gehandhabt worden sei. Belege dafür, dass US-Aufseher den Koran die Toilette hinuntergespült hätten, liegen demnach jedoch nicht vor. Ein entsprechender, später zurückgezogener Bericht eines US-Magazins hatte in einigen arabischen Staaten zu massiven Protesten geführt.

Der pakistanische Staatschef General Pervez Musharraf hat indessen das Fehlverhalten von US-Militärangehörigen im Umgang mit dem Koran im Gefangenenlager Guantánamo als "unverzeihliche" Taten bezeichnet. "Die Verantwortlichen müssen bestraft werden", forderte er in Abu Dhabi. Musharraf ist einer der wichtigsten Verbündeten der USA im Anti-Terror-Kampf. In Pakistan und Afghanistan war es nach Berichten über die Koran-Entweihungen zu wütenden Protesten gekommen.

Die US-Armee hatte zuvor in einem Untersuchungsbericht ein Fehlverhalten eingeräumt. Interne Ermittlungen hätten ergeben, dass US-Militärpersonal in mindestens fünf Fällen nachweislich falsch mit der heiligen Schrift der Moslems umgegangen sei, erklärte das Pentagon am Freitag (Ortszeit). In einem Fall sei ein Koran mit Urin beschmutzt worden. Keinerlei Belege gebe es für Berichte, ein US-Soldat habe einen Koran in die Toilette geworfen. Die Untersuchung habe zudem zu Tage gebracht, dass der Koran häufiger von Gefangenen selbst als vom Personal unangemessen behandelt worden sei.

Dem Bericht zufolge versetzte ein Wachmann einem Koran-Exemplar in einer Zelle einen Fußtritt. Ein Verhör-Experte sei in einem anderen Fall auf einen Koran getreten. Zwei Koran-Exemplare seien nass geworden, als Wachmänner während der Nachtschicht mit wassergefüllten Luftballons warfen. Auf einen anderen Koran sei ein obszöner englischer Ausdruck geschrieben worden; es sei aber nicht klar, ob ein Militärangehöriger dafür verantwortlich ist. Ein weiterer Koran sei mit Urin beschmutzt worden: Ein Wachmann habe nahe einer Belüftungsanlage uriniert, so dass der Harn über die Anlage auf das Buch gelangte. Der Wachmann sei gerügt und versetzt worden.