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USA: Neue Chance für Kernkraft

Von Helmut Dité

Wirtschaft

Die Stromkrise in Kalifornien bleibt akut: Erst in der Vorwoche, als mit steigenden Temperaturen mehr Klimaanlagenleistung gefragt war, wurde wieder Alarmstufe 2 ausgerufen. George W. Bush signalisiert nun eine deutlich andere Energiepolitik als sein Vorgänger Bill Clinton: Die heimische Ölförderung soll wieder gesteigert werden - auch in den Naturschutzgebieten Alaskas soll nach Öl gebohrt werden; ein Sonderprogramm für den Bau neuer Kraftwerke kommt. Und: Die Nuklear-Energie-Industrie, von vielen schon als Auslaufmodell abgeschrieben, wittert auf einmal wieder Morgenluft.


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Seit dem Unfall im Kernkraftwerk Three Mile Island in Pennsylvania 1979 ist in den USA kein neues Kernkraftwerk mehr gebaut worden, seit dem Tschernobyl-Desaster 1986 schien auch in den USA diese Energieform endgültig tot. Noch vor einigen Jahren nahm kaum ein Branchenexperte an, dass sich die Betreiber der Kraftwerke noch einmal um die Verlängerung ihrer auslaufenden Betriebsbewilligungen bemühen würden.

Inzwischen, nach scharf gestiegenenen Energiepreisen - vor allem beim Gas - und einer verschärften Diskussion um Treibhausgase, erwarten Analysten laut der "International Herald Tribune" , dass sich rund 80% der derzeitigen Betreiber erneut um die Lizenzen bemühen wollen - sogar ein Neubau von Kernkraftwerken erscheint nicht mehr utopisch.

Die amerikanischen Kernkraftwerke haben in den letzten zehn Jahren ihre Gesamtstromerzeugung um gut ein Viertel gesteigert, weil sie Störfälle und Ausfallszeiten drastisch reduzieren konnten. Jede fünfte Kilowattstunde in den USA kommt derzeit aus einem Atomkraftwerk - ohne Emission von Treibhausgasen, wie die Betreiber nicht müde werden, zu betonen und darob auch gleich Steuererleichterungen verlangen.

Wenn Präsident Bush und seine Administration wie erwartet die Kernergie in ihrem für den Herbst angekündigten "Nationalen Energieplan" als einen "Eckpfeiler" definieren, dann werden sie auch die bisher ungelöste Frage eines Atommüll-Endlagers entscheiden, wird erwartet - wenn nötig über die Köpfe des bisher unwilligen betroffenen Bundesstaates Nevada hinweg.

Trotz aller Ausstiegsbeschlüsse etwa in Schweden und Deutschland ist übrigens im vergangenen Jahr auch in der EU die Produktion von Atomsstrom um 2% auf 828 Mrd. Kwh gestiegen, damit stammte 2000 rund ein Drittel der gesamten Netto-Stromproduktion aus Kenkraftwerken. Spitzenreiter war erneut Frankreich mit einem Anteil von 79%.