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USA suchen Pakistan zu beruhigen

Von WZ-Korrespondentin Agnes Tandler

Politik

Gerangel um Todesschützen. | Außenminister Qureshi entlassen. | Lahore. Die Entschuldigung für die Todesschüsse kam spät in der Nacht. Amerika bedauere den Vorfall "wirklich zutiefst," erklärte US-Senator John Kerry. Der einflussreiche Politiker war extra in die ostpakistanische Metropole Lahore gereist, um den schwersten diplomatischen Eklat zwischen den USA und Pakistan seit Jahren zu entschärfen. Amerika hatte zuvor kaum etwas unversucht gelassen, um die peinliche Affäre beizulegen.


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Es geht um den Fall Raymond Davis, einem Mitarbeiter des US-Konsulates in Lahore, der Ende Jänner auf einer belebten Kreuzung in der Innenstadt zwei Männer auf einem Motorrad erschossen hat und nun in Haft sitzt. Die USA sagen, dass Davis Diplomat ist und aus Notwehr gehandelt habe und daher nach der Wiener Konvention Immunität besitzt. Sie fordern daher, dass die pakistanischen Behörden Davis freilassen.

Pakistan hingegen beharrt darauf, dass Davis vor ein pakistanisches Gericht gestellt wird und bezweifeln, dass der 37-jährige Ex-Elitesoldat wirklich diplomatische Immunität besitzt. Pakistans Medien kommentieren die Geschicklichkeit und Treffsicherheit des Schützen und lassen kaum etwas unversucht, Davis als Geheimagenten darzustellen. Der Volkszorn über die blutige Schießerei auf offener Straße in Pakistan ist groß. Plakate in Lahore zeigen Davis mit dem Kopf in einer Schlinge und fordern "Gerechtigkeit und Respekt" für die islamische Nation ein. TV-Sender berichten rund um die Uhr über die Affäre.

Pakistan reduziertKooperation mit USA

Amerika hat inzwischen seine diplomatischen Schwergewichte ins Rennen geschickt. Senator Kerry versprach am Dienstag, Davis werde in den USA vor Gericht gestellt werden. Und selbst US-Präsident Barack Obama appellierte an Pakistan, Davis freizulassen. Der Fall belastet die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen den beiden Ländern.

Pakistan ist ein wichtiger Verbündeter im Anti-Terrorkrieg der USA. Gerade in den letzten Monaten haben die USA ihre Angriffe in der pakistanischen Grenzregion zu Afghanistan, die als Rückzugsgebiet von Taliban- und Al-Kaida-Kämpfern gilt, verschärft. Doch seit der Davis-Affäre bleiben die amerikanischen Drohnenangriffe aus, was dafür spricht, dass die pakistanische Seite verschnupft ist und keine Informationen über Terroristen-Verstecke mehr an die Amerikaner weitergibt.

Der Fall Davis hat auch die pakistanische Regierung ins Trudeln gebracht. Außenminister Shah Mehmud Qureshi verlor überraschend seinen Posten als oberster Diplomat des Landes, angeblich weil er im Davis-Fall die Meinung vertreten hatte, dass der Inhaftierte keine diplomatische Immunität besitze.

"Ich unterstütze Wahrheit und Gerechtigkeit", erklärte Qureshi am Mittwoch verärgert nach einer Unterredung mit Kerry. Der US-Senator wollte ihn offenbar davon überzeugen, den Fall Davis aus dem Rampenlicht herauszuhalten, um eine einvernehmliche Lösung zu finden und die Affäre aus dem Weg zu schaffen.

Die Entschuldigung von Kerry hat zumindest den Weg dorthin geebnet. Beobachter in Lahore glauben, dass mit den Familien der beiden Opfer bereits seit längerem über eine Entschädigungszahlung verhandelt wird. Und vielleicht gibt es sogar für den Ex-Außenminister eine Lösung. Der Posten ist noch nicht neu besetzt worden, so dass Qureshi in sein altes Amt zurückkehren könnte.