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USA und Kabul erklären Taliban-Führer Mansur für tot

Von WZ-Korrespondentin Agnes Tandler

Politik

Hoffnungen auf Durchbruch in den Friedensverhandlungen am Hindukusch.


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Kabul. Afghanistans Taliban-Führer Mullah Aktar Mansur ist bei einem amerikanischen Luftangriff offenbar getötet worden. Der afghanische Geheimdienst erklärte am Sonntag, dass der Anführer der islamistischen Aufständischen bei einem Drohneneinsatz in der abgelegenen pakistanischen Provinz Belutschistan ums Leben gekommen ist. Nach Angaben des amerikanischen Verteidigungsministeriums soll ein Fahrzeug, in dem Mansur am Samstagnachmittag in der Grenzregion zu Afghanistan unterwegs war, von einer unbemannten, ferngesteuerten Flugdrohne beschossen worden sein.

Mansur hatte im Juli 2015 die Führung der aufständischen Islamisten übernommen, nachdem der Tod von Taliban-Gründer Mullah Omar öffentlich geworden war. Mansurs Tod dürfte nun zu einem neuen Führungsstreit unter den Taliban in Afghanistan führen, könnte jedoch die schwierigen Verhandlungen über Frieden in Afghanistan wiederbeleben.

Auf Obamaspersönlichen Befehl

Der Drohnenschlag auf Mansur soll von US-Präsident Barack Obama autorisiert worden sein. Laut US-Verteidigungsminister John Kerry stellte Mansur "eine ständige Bedrohung" für die amerikanischen Kräfte und für die afghanische Bevölkerung dar. "Wenn Menschen Frieden verhindern wollen und die Bevölkerung bedrohen und töten, dann haben wir keine andere Möglichkeit, als darauf entsprechend zu antworten, und ich denke, wir haben angemessen geantwortet", sage Kerry.

Mansurs Ende - so er wirklich tot ist - kommt Tage, nachdem Diplomaten aus Pakistan, Afghanistan, den USA und China eine neue Runde von Gesprächen in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad abgehalten hatten, um die stockenden Friedensverhandlungen zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung wiederzubeleben.

Die Regierung von Kabul forderte die Taliban erneut auf, sich an den Bemühungen um den Frieden und ein Ende des über 14-jährigen Bürgerkriegs am Hindukusch beteiligen. "Mullah Aktar Mansur hat die wiederholten Bitten der Menschen und der Regierung von Afghanistan ignoriert, den Krieg zu beenden und Frieden für das Land zu schaffen", hieß es in einem Statement.

Mansurs Ernennung zum Anführer der Aufständischen 2015 führte zu Führungskämpfen innerhalb der Taliban. Mansur gelang es nie völlig, die Kämpfer unter seinem Kommando zu einen. Trotzdem konnten weite Gebiete in Afghanistan besetzt werden. Im Herbst 2015 kontrollierten die Taliban für einige Wochen Kunduz, wo die Bundeswehr früher ein Feldlager unterhielt.

Taliban fehltjetzt Leitfigur

Fraglich ist, wie gut es dem Nachfolger von Mansur gelingt, die oftmals stark divergierende Bewegung hinter sich zu bringen.

Seit dem Tod von Mullah Omar, dem charismatische Führer, der im Kampf gegen die Sowjetunion in den 1980er Jahren ein Auge verloren hatte, fehlt den Taliban eine Leitfigur, die von allen Militanten akzeptiert wird. Es ist vor allem dem jetzt getöteten Mansur nicht wirklich gelungen, aus dem Schatten seines legendären Vorgängers zu treten. Zwei Jahre lang hatten die Taliban den Tod von Mullah Omar offiziell nicht bekanntgegeben.

In den letzten Monaten sind etliche Taliban-Kämpfer zum weit radikaleren "Islamischen Staat" übergelaufen, der inzwischen auch in Afghanistan an Boden gewinnt. Afghanistan könnten dann ähnlich wie Syrien ein Mehrfronten-Bürgerkrieg drohen, in dem sich eine Vielzahl radikaler islamischer Gruppen und die Regierung bekämpfen.