Medwedew und Obama unterschreiben Atom-Abkommen. | Prag. Fast auf den Tag genau nach seiner vorjährigen Prager Rede zur Abrüstung will US-Präsident Barack Obama mit seinem russischen Amtskollegen Dmitri Medwedew einen Vertrag unterschreiben, der zu einer deutlichen Kernwaffen-Reduktion führen soll. "Als einzige Atommacht, die diese Waffen auch jemals eingesetzt hat", haben Amerika "die moralische Pflicht zum Handeln", so Obama am 5. April 2009.
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Wenn heute Abend im Hradschin das neue Vertragswerk unterzeichnet wird, erfüllen sich auch viele Hoffnungen tschechischer Bürger und Politiker: 72 Prozent der Tschechen waren stets gegen den Raketenabwehrschild, der auf dem südböhmischen Truppenübungsplatz Brdy errichtet werden sollte und der nun ad acta gelegt wird. Das von den Regierungen Topolanek und Bush ausgehandelte Abkommen über die Stationierung einer US-Radaranlage war zunächst auf Eis gelegt worden und wird nun in der Folge des neuen Abkommens wohl gänzlich aufgehoben.
Sprecher der Friedensbewegung fühlen sich in ihrer Politik bestätigt und zeigen sich zufrieden über den Gipfel. "Ich freue mich", so der tschechische Senatspräsident Premysl Sobotka, "dass Prag wieder zu einem Zentrum der Geschichte wird. Danach können wir den von Condoleeza Rice und Karel Schwarzenberg ausgehandelten Radarvertrag zerreißen."
Die Agenda des Treffens ist noch nicht in allen Einzelheiten bekannt. Der russische Präsident Medwedew erreichte Prag nach seinem Staatsbesuch in der Slowakei bereits am Mittwochabend, Barack Obama kommt erst heute in Tschechiens Hauptstadt an.
Zudem reisen weitere Staats- und Regierungschefs aus Osteuropa an. So wird der bulgarische Premier Bojko Borisov erwartet, ferner kommen der estnische Präsident Toomas Hendrik, begleitet von seinem Regierungschef Andrius Kubilius, die kroatische Regierungschefin Jadranka Kosorova, der lettische Präsident Valdis Zatlers, der polnische Premier Donald Tusk, der rumänische Präsident Traian Basescu, der slowakische Premier Robert Fico, sein slowenischer Kollege Borut Pahor sowie der ungarische Ministerpräsident Gordon Bajnai.
Politische Beobachter gehen davon aus, dass bei der Vielzahl hochrangiger Politiker auch Fragen des Verhältnisses der USA zu Osteuropa diskutiert werden. Immerhin wird es eine Reihe bilateraler Treffen am Rande des Gipfels geben. Gesprächsthema könnten auch Sanktionen gegenüber dem Iran sein. Obama hatte sich wiederholt für solche Maßnahmen eingesetzt, sollte der Iran nicht von seiner Atompolitik ablassen. Russland - wie auch China - hatten bislang Sanktionen nicht zugestimmt. Es wird erwartet, dass Obama im Rahmen der Start-Unterzeichnung versuchen wird, Medwedew von deutlicheren Maßnahmen gegen Iran zu überzeugen.
Alarmstufe Rot
Während der amerikanische Präsident im Prager Hotel Hilton untergebracht ist, residiert Dmitri Medwedew während seines Aufenthaltes im "Four Season". Beide Präsidenten werden zu diesem Treffen nicht von ihren Ehefrauen Michelle Obama und Swetlana Medwedewa begleitet. Prag steht seit Tagen ganz im Zeichen des Gipfels, es herrscht höchste Sicherheitsstufe. Etwa 5000 Polizisten werden für das Treffen eingesetzt, gab Polizeipräsident Oldrich Martinu bekannt. Die Prager Burg ist für den Publikumsverkehr von Mittwoch bis Freitag geschlossen. Insgesamt wird die Organisation und Sicherheit 50 Millionen Kronen (etwa zwei Millionen Euro) kosten.