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USA werfen Deutscher Bank Schlampigkeit vor

Von Alexander U. Mathé

Wirtschaft

Aktienabsturz nach Kritik an Rechnungslegung.


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Washington/Frankfurt.Drei Worte haben die Aktien der Deutschen Bank in den Keller rasseln lassen. Es waren die Worte "minderwertig, ungenau und unzuverlässig", mit denen die amerikanische Notenbank Fed die Rechnungslegung der US-Tochter des größten deutschen Kreditinstituts kritisierte. Kurz darauf verlor die Deutsche-Bank-Aktie in Frankfurt - in einem insgesamt wenig veränderten Markt - knapp zwei Prozent und war damit der größte Verlierer des deutschen Aktienindex DAX. Das Geldinstitut hat noch am selben Tag versprochen, sich zu bessern, und dafür wird tief in die Tasche gegriffen.

Eine Milliarde Euro will die Bank dafür aufwenden und 1300 Mitarbeiter einstellen, "unsere Kontrollen und Systeme zu stärken", erklärte ein Sprecher. "Wir haben uns verpflichtet, hierin branchenführend zu sein." Dass den Worten Taten folgen, wird immer dringlicher. Denn es ist nicht das erste Mal, dass die amerikanische Aufsicht für ausländische Geldinstitute die Deutsche Bank rügt. Schon vor gut einem Jahr erklärte der Vize-Chef der Einlagensicherungsbehörde FDIC, Thomas Hoenig, dass die Bank "schrecklich unterkapitalisiert" sei. Die Deutsche Bank wiederum erklärte, am neuen Branchenstandard Basel III gemessen eines der am besten kapitalisierten Institute der Welt zu sein. In diesem Jahr folgte allerdings eine gut acht Milliarden Euro schwere Kapitalerhöhung.

TTIP-Verhandlungspunkt

Die Schwingungen dieses Streits reichen bis zum geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP). Europa - zumal dessen Banken - hätte nämlich gerne Finanzdienstleistungen in dem Abkommen inkludiert, wogegen sich aber nicht nur die amerikanische Regierung sträubt, sondern auch europäische NGOs. Die USA befürchten, dass dadurch die Schutz- und Regulierungsmaßnahmen unterwandert würden, die Washington nach der Finanzkrise erlassen hat. Diese im Dodd-Frank Act geregelten Vorschriften sehen unter anderem vor, dass eine Bank nicht im Ausland befindliches Kapital anführen darf. Ist also eine Bank in den USA mit einer Milliarde im Minus, kann sie nicht damit argumentieren, dass sie dafür zwei Milliarden in Indonesien liegen hat. Das soll dafür sorgen, dass eine Bank gesund bleibt. Allerdings gilt diese Regel auch für ausländische Banken, die in den USA operieren. Im Fall einer deutschen Bank bedeutet das, dass ihr Guthaben in Frankfurt in Höhe von - beispielsweise - 500 Milliarden nicht zählt, wenn sie in den USA auch nur mit 50 Millionen in der Kreide steht. Dadurch sehen sich europäische Banken allerdings gegenüber ihren amerikanischen Konkurrenten benachteiligt. Schließlich befindet sich in der Regel der Löwenanteil des Kapitals dort, wo der Sitz der jeweiligen Bank ist.

Abgesehen davon sind die Banken-Standards in den USA und in Europa von Haus aus unterschiedlich: Wird von US-Großbanken sechs Prozent echtes Eigenkapital verlangt, so sind es in der EU lediglich drei Prozent.

Dabei haben europäische Banken in den USA ohnedies nicht den besten Ruf. Erst Anfang des Monats musste die größte Bank Frankreichs, die BNP Paribas, 6,4 Milliarden Euro Strafe zahlen, weil sie mit ihren Geschäften US-Sanktionen gegen den Sudan, den Iran und Kuba gebrochen hatte.

Die Deutsche Bank wiederum steht neben den Vorwürfen schlechter Bilanzierung noch wegen einer anderen Angelegenheit im Kreuzfeuer der Kritik. Sie und die britische Barclays Bank sollen Hedgefonds geholfen haben, durch Tricks ihre Steuerzahlungen um Milliardenbeträge zu drücken. Das befand ein Unterausschuss für Steuerfragen des US-Senats. Allerdings urteilten die Senatoren, dass diese Vorgehensweise zwar moralisch fragwürdig war, aber nicht illegal sei.