Eine bewaffnete Eskalation zwischen Kongo und Ruanda droht. US-Außenminister Anthony Blinken versucht zu vermitteln.
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Die Raketen schlugen im selben Bezirk ein, in dem sich die Berggorillas befinden. Bei den Detonationen im Bezirk Kinigi in Ruanda Ende Mai und Anfang Juni gab es zwei Verletzte. Die Regierung von Ruanda war erbost - hatte sie doch genau in diesem Teil des Landes viel in Infrastruktur und Tourismus investiert - und beschuldigte die Armee des Nachbarlandes, der Demokratischen Republik Kongo, für den Angriff verantwortlich zu sein.
Das ist aber nur einer von vielen Vorfällen, die seit Monaten für eine schwere Krise zwischen den beiden afrikanischen Staaten sorgt, die sich immer mehr hochschaukelt. Dabei spielt sich der Großteil der Auseinandersetzungen auf kongolesischem Boden ab. Dort hat im Osten des Landes die Rebellengruppe M23 immer wieder die kongolesische Armee attackiert und weite Gebiete erobert, was zehntausende Bewohner in die Flucht trieb. Der Kongo wirft Ruanda vor, die Rebellen tatkräftig zu unterstützen.
Dieser Vorwurf wird von einer Untersuchung der UNO bestätigt, die von einer sehr konkreten Hilfe für die M23 durch Ruanda berichtet. Demnach hätten bis zu tausend Soldaten aus Ruanda eine wichtige Verbindungsstraße gesperrt, und ruandische Militärs hätten die M23-Kämpfer sogar bei einem Angriff auf einen Stützpunkt der kongolesischen Armee unterstützt.
Blinken kritisiert Ruanda
Auf diese Vorwürfe ging am Mittwoch US-Außenminister Anthony Blinken ein, der bei seiner Afrika-Reise den Kongo und dann Ruanda besuchte. Die USA seien "sehr besorgt" wegen der Berichte über Ruandas Unterstützung für Rebellen, sagte er in Kongos Hauptstadt Kinshasa. Er betonte, dass die Vorwürfe, die von Ruanda zurückgewiesen werden, "glaubhaft" seien. "Alle Länder müssen die territoriale Integrität ihrer Nachbarn respektieren", fügte Blinken hinzu. Auch bei einem späteren Gespräch mit Ruandas Staatschef Paul Kagame sollte die Situation im Ostkongo ein Hauptthema sein.
Der Druck der USA könnte jedenfalls hilfreich sein, den Konflikt vorerst einzudämmen. Die Sorge, dass diese Krise noch weiter eskaliert und vielleicht gar zu einem Krieg zwischen Ruanda und Kongo führt, ist zuletzt gewachsen - zumal sich auf beiden Seiten die Rhetorik zuletzt immer mehr aufgebauscht hat.
Doch auch wenn sich der Konflikt kurzfristig beruhigt, ist es schwierig, langfristig eine Lösung zu finden. Der Kongo wirft Ruanda vor, die Rebellen als Mittel zu benutzen, um Bodenschätze in der rohstoffreichen Region an sich zu reißen und so den Frieden zu verhindern.
Ruanda wiederum beschuldigt den Kongo - ebenso wie die in der Region stationierten UN-Truppen -, nichts gegen Hutu-Milizen zu unternehmen. In Ruanda haben 1994 radikale Hutus einen Genozid an Tutsis und gemäßigten Hutus verübt. Sie ermordeten etwa 800.000 Menschen, ehe sie von der von Tutsis dominierten Ruandischen Patriotischen Front (RPF) vertrieben wurden. Zahlreiche Täter flohen in den Kongo und sammelten sich dort in Hutu-Milizen.
Ruandas Regierung sieht diese Verbände bis heute als Bedrohung an und sich selbst als Schutzmacht der im Kongo lebenden Tutsis. Auch die Führung der M23-Rebellen besteht aus Tutsis.
Rohstoffe, Armut und Milizen
Das ist aber nicht das einzige Problem in der Region: Dutzende weitere Milizen und Rebellengruppen sind dort aktiv. Auch andere Nachbarstaaten wie Uganda oder Burundi mischen immer wieder in den Konflikten mit.
Der Rohstoffreichtum - im Ostkongo gibt es Gold und auch das für die Handyproduktion wichtige Coltan - hat sich für den Ostkongo als Fluch erwiesen, der ständig Kämpfe anheizt. Die Bevölkerung ist indes bitterarm, was vor allem junge Männer in die Arme von Milizen treibt. Der Ostkongo bleibt somit weit von Frieden und Stabilität entfernt.