Zum Hauptinhalt springen

Ute macht Bock auf Kultur für obdachlose Asylwerber

Von Desire Nzogang, Radio Afrika

Politik

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 21 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Jalow aus Guinea sitzt neben Ute Bock, die ihm gerade hilft, seinen Antrag für die Erstellung seines Reisepasses auszufüllen. Er hat einen positiven Bescheid für sein Asyl bekommen. "Im Durchschnitt bekommen ich zwei davon im Jahr zu sehen. Die sollte man sich aufhängen", sagt Bock lächelnd.

In Ermangelung einer Adresse hat Jalow das Regierungsschreiben erst nach einem Jahr erhalten. Die anderen in der Warteschlange, mehrheitlich Afrikaner, machen eine traurige Miene und lassen ihre Köpfe hängen. Sie sind obdachlos, krank, einfach hungrig oder haben nichts anzuziehen. Auch Österreicher, die Zinsrückstande oder andere soziale Sorgen haben, melden sich.

Tausende Asylwerber sind mit der Verschärfung und Beschleunigung der Asylverfahren in Österreich über Nacht obdachlos geworden. Auch der Anfang des Sommers vorgelegte zweite Entwurf zum Asylgesetz hat die Lage nicht verbessert. "Es ist furchtbar, ich kann nicht mehr", sagt die Wirtin der Armen, die täglich mit den Schicksalen der Asylwerber alle Hände voll zu tun hat. Über 800 Bedürftige, darunter 50 Frauen, haben sich in den vergangenen Monaten bei ihr gemeldet. Auf den Meldezetteln der Asylsuchenden lautet ihr Status einfach "obdachlos". Das reicht als Meldeadresse für die Verfolgung ihre Asylverfahren.

Bisher hatten mehr als 100 Flüchtlinge das Glück, in einer der 23 privaten Wohngemeinschaften unterzukommen, die Ute Bock ins Leben rief, damit die Obdachlosen nicht auf der Straße schlafen müssen. Die Kosten dafür bestreitet die Wohltäterin aus eigenen Mitteln. Sie übersteigen 10.000 Euro im Monat, und so steht die "Mama" der Bedürftigen vor der Pleite.

Unter dem Slogan "Weil die Behörden nichts tun, müssen wir Bier trinken", startete der Verein Ute Bock Mitte Juni deshalb in Zusammenarbeit mit SOS Mitmensch die Aktion "Bock auf Bier": Bei jedem Krügerl oder Seidl fließen bis Ende des Monats in über 60 Wiener Lokalen zehn Cent in das Wohngemeinschafts-Projekt. Auch einige oberösterreichische Beisln haben sich an der Initiative beteiligt, die von Persönlichkeiten wie Kardinal Franz König oder den ehemaligen Wiener Polizeichef Franz Schnabl unterstütz wird.

"Ich bin über das Interesse der Leute positiv überrascht. Damit habe ich nicht gerechnet", sagt Ute Bock, die darin ein Zeichen sieht, dass viele mit der Situation der Ausländer unzufrieden seien.

Auf "Bock auf Bier" folgt Anfang September die Aktion "Bock auf Kultur", wo KünstlerInnen wie Alfred Dorfer, Roland Neuwirth, Wolf Haas, Josef Hader und viele andere kostenlos für obdachlose Flüchtlinge auftreten werden. Nähere Informationen sind auf der Homepage www.bockaufkultur.at/programm.htm zu finden.

Ute Bock hofft auch diesmal auf Unterstützung und natürlich auch auf Spenden - "um diese furchtbare Situation in den Griff zu bekommen", wie die 62-Jährige in einem Gespräch erläutert. "Solange AsylwerberInnen auf der Straße stehen, werden wir auftreten", setzt sie nach. Rassismus und Diskriminierung sind Ute Bock fern. Bei der Anti-Rassismus-Demonstration nach dem Tod des Mauretaniers Sheibani im Afrikadorf hielt sie eine Rede vor dem Innenministerium. Für ihr Engagement hat die mutige Pensionistin bereits zahlreiche Auszeichnungen erhalte: Den Preis des UNHCR für Zivil-Courage, den Bruno-Kreisky-Preis für Menschenrechte, den Karl-Renner-Preis und zuletzt die Torberg-Medaille der "Kultusgemeinde für streitbare Geister".