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VA-Tech-Aktionäre ließen Siemens in HV abblitzen

Von Veronika Gasser, Linz

Wirtschaft

Bei einer turbulenten außerordentlichen Hauptversammlung der VA Tech erlitt die österreichische Tochter des Elektrokonzerns Siemens am Montag eine Niederlage. Siemens wollte die Abschaffung des Höchststimmrechtes, wonach jedem Aktionär maximal 25% der Stimmrechte zugestanden werden - egal wie viele Anteile er tatsächlich besitzt. Doch diese Regelung, einst zum Schutz der Kleinanleger eingeführt, wurde nicht gekippt.


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26,7% (2.295.454) der insgesamt 8.595.774 abgegebenen Stimmen entschieden sich gegen den Siemens-Antrag. 73,3% des anwesenden Kapitals oder 6,300.320 Stimmen votierten für die Abschaffung. Insgesamt waren 56% der mehr als 15,3 Millionen ausgegebenen VA-Tech Stammaktien für die Hauptversammlung hinterlegt worden.

Für die Aufhebung wäre eine Drei-Viertel-Mehrheit notwendig gewesen. Das Ergebnis war also knapp, und es schmerzt Siemens, mittlerweile mit 16,45% Hauptaktionär beim Linzer Anlagenbaukonzern, sehr. Denn mit der Abschaffung des Höchststimmrechts hätte sich Siemens strategische Entscheidungen wesentlich erleichtert: Deren Durchsetzung ist nur mit einem Anteil von 75% möglich. Ebensoviele Stimmen hätte Siemens auch für die Abschaffung benötigt, doch es blieb bei 73,3%. Das Höchststimmrecht bleibt somit aufrecht.

Kaum einer der Aktionäre geht jedoch davon aus, dass Siemens den "Übernahmekrieg" aufgibt. Vielmehr wird jetzt verstärkt auf eine Erhöhung des Angebotspreises - derzeit 55 Euro - spekuliert. "Siemens wird massiv nachbessern müssen", vermutet etwa der Wiener Rechtsanwalt Georg Vetter. Die ÖIAG, die übrigens wie Siemens für die Abschaffung des Höchststimmrechtes stimmte, spielt nun dem Elektromulti den Ball zu. "Es ist abzuwarten, wie Siemens damit nun umgeht", meint ÖIAG-Vorstand Peter Michaelis. "Sollte Siemens nachbessern, würden wir uns freuen, doch wir können auch mit den 55 Euro leben," betont er auf Anfrage der "Wiener Zeitung".

In den nächsten zehn Tagen will Siemens nun überlegen, gab Siemens-Vorstandsmitglied Brigitte Ederer bekannt. Durch das Votum sei eine - allerdings aufschiebbare - unter mehreren Bedingungen des Übernahmeangebots von Siemens nicht erfüllt worden, hieß es in einer ersten Stellungname aus der Konzerzentrale in Wien. Der Erfolg des Angebots hänge nunmehr vom Tenderverhalten der Aktionäre bis einschließlich 9.2.2005 ab. Die Übernahmekommission habe dazu in ihrer jüngsten Stellungnahme festgestellt, dass das Erreichen von mehr als 50% des Aktienkapitals ausreichend sei, wurde betont.

Analysten gehen davon aus, dass bei der gestrigen Abstimmung Goldmann Sachs mit 1,3 Mio. Stimmen den Ausschlag gab. Der Fonds will damit das Angebot in die Höhe treiben. Der zweite ausländische institutionelle Anleger Fidelity dürfte mit 800.000 Stimmen für Siemens entschieden haben.

Vor der Abstimmung kam es im Linzer Design Center zu hitzigen Wortgefechten. Vor allem Kleinanleger verliehen ihrer Empörung über die Vorgangsweise des neuen Hauptaktionärs wie auch der ÖIAG Ausdruck. Siemens hätte noch vor der eigentlichen Übernahme der VA Tech die Machtstrukturen zu seinen Gunsten verändern wollen. Dies hätte eine "Zwangsenteignung" der Kleinen möglich gemacht, erklärte Vetter. Auch die ÖIAG - allen voran Peter Michaelis, der die Hauptversammlung leitete - wurden zur Rede gestellt. Wortmeldung des Pensionisten Klaus Benesch: "Siemens hat klargemacht, dass der heimische Weltkonzern VA Tech ausgelöscht wird." Da die ÖIAG dennoch an Siemens zu einem viel zu niedrigen Preis verkaufen wolle, zeige sie, dass sie nicht auf Seiten der Anleger, sondern auf der Seite des Käufers stehe. Benesch forderte deshalb: "Beweisen Sie Anstand, Herr Michaelis, und treten Sie zurück!" SP-Wirtschaftssprecher Johann Moser sagte: "Es geht um eine feindliche Übernahme, und den Krieg hat die VA Tech trotz des erfreulichen Abstimmungsergebnisses nicht gewonnen." In Bezug auf ÖIAG und VA Tech spricht er von einem "führungslosen Haufen". Er sieht einen eklatanten Widerspruch zwischen VA-Tech-Aufsichtsrat (Michaelis) und Vorstand (Klaus Sernetz). Während die ÖIAG das von ihr verwaltete Unternehmen an den Hauptkonkurrenten verkaufen möchte, kämpfe der VA Tech-Vorstand noch mit allen Mitteln gegen die "Auslöschung" und für einen Alleingang.

Kritik erntete Michaelis auch wegen seiner "autoritären" Diskussionsleitung. "Sie schaffen russische Verhältnisse. Was Ihnen unangenehm ist, darf nicht diskutiert werden," attackierte ihn Kleinanleger Kurt Friedreich. "Außerdem ist mir nicht klar, ob Sie für Siemens oder die ÖIAG verhandeln. 55 Euro sind zuwenig, damit schenken Sie fast 10 Mio. Euro her. Das ist Staatsvermögen."