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Vabanquespiel in Nahost

Von Alexander Dworzak

Analysen

Israels Premier steht ein Krieg bevor, den er nicht will, Hamas fürchtet Bodenangriff.


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Benjamin Netanyahu gilt eher als Mann der starken Worte denn der Taten. In einen Krieg schickte Israels Premier seine Truppen noch nie, wie er selbst betont. Die gezielte Tötung von Hamas-Militärkommandant Ahmed al-Jabari war wohl wahltaktischen Motiven geschuldet. Am 22. Jänner wählen die Israelis ihr Parlament, da kommt die Positionierung als gegenüber der radikalislamischen Hamas unnachgiebiger Premier recht - und lenkt zudem von den sozialen Problemen in Israel ab.

Mit den Angriffen auf Tel Aviv und Jerusalem am Freitag hat die Hamas eine "rote Linie" überschritten, Netanyahu muss kontern. Worst-Case-Szenario wäre der Einmarsch von Bodentruppen. Viele tote Soldaten sind jedoch das Letzte, was sich Wahlkämpfer Netanyahu leisten kann.

Israels Premier ist also auf die Zurückhaltung der Hamas angewiesen, um nicht zum Äußersten greifen zu müssen. Doch die Islamisten sind Getriebene: Sie müssen Härte demonstrieren und den Tod ihres Militärkommandanten rächen, um gegenüber noch radikaleren Gruppierungen glaubwürdig zu erscheinen. Seit Sommer brachten Islamischer Dschihad und salafistische Kämpfer die Hamas derart unter Zugzwang, dass diese selbst wieder mit dem Abschuss von Raketen Richtung Israel begann. Vollends eskalieren lassen darf die Hamas den Konflikt aber nicht. Sie wäre gegen eine Bodenoffensive der Israelis chancenlos - die wiederum bei einem Sieg einen berechenbaren Gegenspieler verlören.

In einer verfahrenen Situation befindet sich ebenfalls Mohammed Mursi. Ägyptens Präsident manövriert zwischen Volkszorn, internationalen Verpflichtungen und der Bekämpfung von Extremisten. Auf dem Sinai kämpft die Armee gegen Islamisten und Waffenschmuggel und verfolgt daher die Ereignisse in Gaza genauestens. Die dort regierende Hamas ist aus Mursis Muslimbruderschaft hervorgegangen.

Forderungen nach Suspendierung des ägyptisch-israelischen Friedensvertrages kann und will der Präsident nicht nachgeben - auch aufgrund der 1,5 Milliarden Dollar Militärhilfe, welche die USA jährlich überweisen. Dennoch darf Mursi die anti-israelische Stimmung in der Bevölkerung nicht gänzlich überhören; sie kommt ihm angesichts der angespannten wirtschaftlichen Lage Ägyptens sogar gelegen. Dass dem Land nach wie vor Parlament und eine neue Verfassung fehlen, tritt angesichts des Gaza-Konflikts in den Hintergrund. Längerfristig kann auch Mursi sein Dilemma nicht kaschieren.