Zum Hauptinhalt springen

Vaclav Klaus lässt Europa warten

Von WZ-Korrespondentin Alexandra Klausmann

Europaarchiv

Nach Zitterpartie um Reformvertrag steht noch eine wichtige Hürde aus. | Vaclav Klaus will auf zweites irisches Referendum warten. | Prag. Die zweite Hürde auf dem steinigen Weg zur Ratifizierung ist geschafft. Am Mittwoch hat der tschechische Senat, die zweite Parlamentskammer, mit 54 zu 20 Stimmen für den EU-Reformvertrag von Lissabon gestimmt. Die untere Parlamentskammer, das Abgeordnetenhaus, hatte den Reformvertrag schon im heurigen Februar angenommen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Nach dem Ja beider Kammern liegt der Ball nun bei Präsident Vaclav Klaus. Seine Unterschrift ist erforderlich, damit der Ratifizierungsprozess in Tschechien abgeschlossen werden kann. Der wohl lauteste Kritiker einer vertieften europäischen Einigung wollte damit aber erst einmal abwarten. Zum einen sei da noch das zweite Referendum zum Lissabon-Vertrag in Irland. Bevor das sich nicht eindeutig für Lissabon ausgesprochen habe, werde er die tschechische Ratifizierung nicht unterschreiben, kündigte Klaus an. Zum anderen sind da noch die letzten Versuche der Lissabon-Gegner, das Abkommen aller parlamentarischen Stimmen zum Trotz durch eine Verfassungsklage doch noch zu kippen.

Die Lissabon-kritische Fraktion des Senats, die mehrheitlich aus Mitgliedern der liberal-konservativen Bürgerdemokraten (ODS) besteht, will eine weitere Verfassungsklage einreichen. Das Verfassungsgericht hat zwar schon im März entschieden, Lissabon stehe im Einklang mit der tschechischen Verfassung. Bei dieser Entscheidung habe es allerdings nur sechs Punkte des Dokuments berücksichtigt, schimpfen die Lissabon-Gegner. Sie fordern, dass das Verfassungsgericht nun den Vetrag als ganzes unter die Lupe nimmt.

Nicht geschlagen gibt sich auch Vaclav Klaus´ politischer Ziehsohn, Petr Mach. Der Vorsitzende der neuen EU-kritischen "Partei der freien Bürger" hat den Präsidenten aufgerufen, den Vertrag nicht zu unterschreiben und stattdessen ein Referendum auszurufen. Bestenfalls ein realitätsfremder Vorschlag: Nicht nur, dass Mach und seine Partei keinerlei politisches Mandat besitzen. Sondern auch, dass Umfragen zufolge 64 Prozent der Tschechen eine europäische Einigung a la Lissabon unterstützen. Ihre Gegner warnen, eine Lissabon-EU würde großen Staaten zuspielen. Kleine Länder, wie Tschechien, würden dabei zuviel ihrer Souveränität verlieren.

Lieber Reformvertrag als in die Arme Moskaus

Das sei nun einmal der Preis für die Mitgliedschaft Tschechiens in der EU, sagte gestern Noch-Premier Mirek Topolanek, der den Lissabon-Vertrag dem Senat zur Abstimmung vorlegte. "Ich nehme ihn nicht mit großem Enthusiasmus an," erklärte dabei Topolanek. Dafür aber mit einer ordentlichen Portion Pragmatismus: Ohne Lissabon wäre Tschechiens "transatlantische Verankerung gefährdet," sagte Topolanek und warnte, eine Ablehnung des Vertrages dränge das Land "in die Arme Moskaus."

Topolaneks Zustimmung zum Lissabon-Vertrag hat inzwischen zu einer Spaltung der ODS geführt. Aus Protest gegen die EU-freundliche Haltung der ODS-Spitze, war ihr Gründer und Übervater Vaclav Klaus im Dezember aus der Partei ausgetreten. Seitdem schmollt er auf der Prager Burg und versucht verzweifelt, die paar Fäden, die ihm noch geblieben sind, im Hintergrund zu ziehen - und ihm graut vor dem Tag, an dem er die endgültige Ratifizierung des Lissabon-Vertrags unterzeichnen muss.