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Deutsches Urteil als Argument für Euroskeptiker. | Prag. Mit Spannung erwartet wurde das Karlsruher Urteil zum Lissabon-Vertrag auf der Prager Burg: "In dem Moment, in dem das deutsche Verfassungsgericht sagt, der Lissabon-Vertrag widerspreche der deutschen Verfassung (...), wird es nicht mehr nötig sein über weiteres in Europa zu sprechen," sagte der Burgherr, Tschechiens Präsident Vaclav Klaus noch vergangene Woche.
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Wie genau Klaus, der eine politische Einigung der EU à la Lissabon entschieden ablehnt, den Karlsruher Richterspruch aufnehmen wird, ist derzeit noch offen.
Klar ist, dass er auch weiterhin ein Argument haben wird, seine eigene Unterschrift unter die tschechische Ratifizierung des Lissabon-Vertrags hinauszuzögern. Der "letzte in Europa" will Klaus sein, der über Lissabon entscheiden wird. Vielleicht, so mag er hoffen, nehmen ihm diese Entscheidung die Deutschen, die Iren oder die Polen ab, die den Vertrag noch nicht ratifiziert haben.
Zweite Klage
Im eigenen Land ist Lissabon allerdings schon von beiden Parlamentskammern abgesegnet. Klaus-treuen Kritikern des Dokuments bleibt hier nur noch der Marsch durch die Institutionen. Schon zum zweiten Mal haben sich einige tschechische Senatoren an das Verfassungsgericht gewandt. Das hat zwar schon im Herbst vergangenen Jahres entschieden, Lissabon stünde im Einklang mit der tschechischen Verfassung. Nur hat es bei dieser Entscheidung nicht alle Punkte des Mega-Dokuments berücksichtigt und so den Lissabon-Gegnern den Raum für eine weitere Verfassungsklage geschaffen. Und so lange die nicht entschieden ist, wird Klaus sich nicht beeilen, die Kraft seines Amtes als Präsident auszuüben und den Vertrag unterzeichnen.
Sehr zum Ärger der Lissabon-Befürworter, die in der tschechischen Legislative eine eindeutige Mehrheit stellen. Manche frage sich sogar, ob der Präsident angesichts seines Zögerns nicht Landesverrat begehen würde. "Ich werde den Präsidenten offiziell und schriftlich dazu auffordern, das Dokument zu unterzeichnen. Falls er sich weigert, wird es an den Abgeordneten und Senatoren sein zu bestimmen, dass Vaclav Klaus unfähig ist sein Amt auszuführen. Dann wird der Ministerpräsident den Vertrag an seiner Stelle unterschreiben," droht die sozialdemokratische Senatorin Alena Gajduskova.