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Van der Bellen: "Der Präsident ist nicht der Chefkommentator"

Von Martina Madner

Politik

In der nächsten Amtsperiode setzt der Bundespräsident auf Kontinuität, will sein Tun jedoch mehr öffentlich erklären.


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Die Erleichterung über die Wiederwahl mit 56,2 Prozent laut Hochrechnung war Alexander Van der Bellen anzusehen. Im ZiB2-Interview freute er sich nicht nur über Stimmen für ihn und die hohe Wahlbeteiligung generell: "Das war schon eine große Erleichterung." - "Gott sei Dank habt ihr das nicht geglaubt, mit der g’mahten Wiesn, alles ist gut gegangen", sagte er später bei der Wahlparty zu seinen Unterstützerinnen und Unterstützern.

Zwei Drittel der 6,36 Millionen Wahlberechtigten gaben ihre Stimme einem der sieben Kandidaten. 84 Prozent jener, die bereits bei der Stichwahl 2016 für Van der Bellen gestimmt hatten, gaben ihm laut Sora-Isa-Wählerstromanalyse erneut ihre Stimme. Aber auch aus dem damaligen Norbert Hofer-Lager entschieden sich dieses Mal 26 Prozent für den amtierenden Präsidenten, unwesentlich weniger als die 32 Prozent, die für den FPÖ-Kandidaten Walter Rosenkranz stimmten. Fast zwei Drittel jener, die bei der Nationalratswahl 2019 der ÖVP ihre Stimme gaben, wählten am Sonntag Van der Bellen, von den SPÖ-Wählerinnen und -Wählern waren es sogar drei Viertel.

Wenig Grund für Änderungen im Amtsverständnis

Auch wenn Van der Bellen von mehr als 40 Prozent nicht gewählt wurde, fiel die Bestätigung des Amtsinhabers deutlich aus. Eigentlich wenig Grund, das Amtsverständnis zu verändern. In Interviews hatte er gesagt, dass die Leute recht behalten, wenn sie ihn als verlässlich empfunden haben. Auch nach der Wahl sagte er im Gespräch auf Puls4, dass man zwar auf jede neue Situation neu reagieren müsse, aber: "Ich werde meinen Stil nicht grundsätzlich ändern."

Laut seinem Vorgänger Heinz Fischer muss ein Bundespräsident auch "kein Draufhauer, sondern ein ruhender Pol in der Politik zu sein". In der Sora-Isa-Wahltagsbefragung sagten heuer zwar 58 Prozent, dass sich der Bundespräsident "laufend in die Innenpolitik einbringen soll". Aber: Vor sechs Jahren waren es auch schon 57 Prozent, das hat sich also nur unwesentlich verändert. Im ZiB2-Interview sagte er zwar, dass er über eine aktivere Rolle nachdenken wolle. Van der Bellen betonte aber auch die Rolle von "Checks and Balances" zwischen den Institutionen: "Der Bundespräsident ist nicht der Überkanzler und der Chefkommentator." Möglicherweise werde er öffentlicher erklären, was hinter der Tapetentür passiert, sagte er diplomatisch.

Klare Haltung für Demokratie, auch in Europa

"Es haben Mut und Zuversicht gewonnen, es hat eine positive Einstellung gewonnen", sagte der Präsident selbst nach seiner Wahl. "Es hat der Glaube an ein vereintes, ein ent- und geschlossenen Europa gegenüber der russischen Aggression gegenüber der Ukraine gewonnen. Da waren wir eindeutig, unsere Gegenkandidaten leider nicht", sagte er und bezog damit einmal mehr Position für die Demokratie in Europa. "Ich finde, die Gegenkandidaten hatten zum Teil Ideen, die auf mich sehr befremdlich wirkten", sagte Van der Bellen. Immerhin 38 Prozent erwarten sich von einem Bundespräsidenten, er "soll die Regierung entlassen" - 53 Prozent aber nicht.

Zur Frage, würde er einen FPÖ-Kanzler angeloben, gab es kein klares Nein, sondern: "Die Wählerinnen und Wähler sind schon so gescheit genug, um zu sehen, wo das hinführt. Herbert Kickl tut alles dafür, um die möglichen Koalitionsfreunde von Haus aus zu verunsichern und zu verärgern." Und zur Frage, wie er nun die polarisierte Bevölkerung einen wolle, sagte er klassisch österreichisch: "Beim Reden kommen die Leute zusammen, aber nur, wenn man einander auch zuhört." Er wolle über alles diskutieren, aber unter Berücksichtigung der üblichen Umgangsformen.