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Van der Bellen: Grundrechte in Krise gegeneinander abwägen

Von Petra Tempfer

Die Jubiläumsfeier des Parlaments anlässlich des 100. Geburtstages der österreichischen Verfassung stand im Zeichen der Covid-19-Krise.


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Sie habe sich als "hervorragender Wegweiser" erwiesen, als Fundament der Republik Österreich. Sie sei klar im Wortlaut, durchdacht, und ja: Sie habe auch ihre Eleganz gezeigt. Die Rede ist von Österreichs Verfassung, die Bundespräsident Alexander Van der Bellen anlässlich deren 100-Jahr-Jubiläums am 1. Oktober im Rahmen des Festaktes des Parlaments würdigte.

Mit der "Eleganz" erinnerte Van der Bellen an sein berühmt gewordenes Zitat: "In Zeiten wie diesen zeigt sich die Eleganz, die Schönheit unserer österreichischen Bundesverfassung", das er im Vorjahr nach Bekanntwerden des Ibiza-Videos tätigte. Dieses hatte zu einer der größten Regierungskrisen der Zweiten Republik geführt und dazu, dass Van der Bellen die damalige Verfassungsgerichtshof-Präsidentin Brigitte Bierlein zur Kanzlerin der Übergangsregierung ernannte.

In diesem Jahr werde die Bundesverfassung erneut herausgefordert: Durch die Covid-19-Pandemie wurden Grundrechte eingeschränkt. "Mit den steigenden Krankheitszahlen steigen die Einschränkungen unserer Freiheit", so der Bundespräsident. "Leider."

"Es braucht Augenmaß und Umsicht"

In einer Demokratie gehe es allerdings darum, abzuwägen. Wie viel des einen Grundrechts - der Freiheit - ist man bereit, aufzugeben, um das andere Grundrecht - die Gesundheit - zu schützen? Wichtig sei dabei freilich, Grundrechte nur so lange wie unbedingt notwendig einzuschränken. Und es brauche "Augenmaß und Umsicht".

Das Bundes-Verfassungsgesetz sei nach wie vor krisenfest, sagten auch Bierlein, Parlamentsdirektor Harald Dossi und der Rechtshistoriker Thomas Olechowski im Rahmen des Festaktes. Das hätten Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes immer wieder gezeigt, präzisierte Bierlein. Bei diesen spiele die Parteipolitik "eine geringere Rolle als vielleicht gedacht".

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) versicherte, dass gewählte Politiker "speziell in Zeiten der Krise" nach bestem Wissen und Gewissen im Auftrag und Interesse des Volkes handelten, dem sie laut Verfassung verpflichtet seien.

Die Opposition verband ihre Würdigung der Verfassung mit Kritik an den von der Regierung ergriffenen Corona-Maßnahmen wie Ausgangsbeschränkungen: Die Krise dürfe "kein Deckmantel für antidemokratische Einschnitte sein", sagte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Die FPÖ warf der Regierung einen "Großangriff auf die Verfassung" vor. Für Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger haben die Maßnahmen die Notwendigkeit eines in der Verfassung verankerten Grundrechtskatalog gezeigt.