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Van Rompuy, Ashton sind EU-Spitze

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Das erwartete Feilschen bis tief in die Nacht blieb aus. | Brown gab Widerstand gegen Van Rompuy auf. | Brüssel. Viele hatten ein Feilschen bis spät in die Nacht erwartet. Eine Vorentscheidung für die britische EU-Handelskommissarin Catherine Ashton als erste Außenministerin der Union am späten Nachmittag änderte jedoch alles.


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Nach nur einer guten Stunde einigten sich die EU-Staats- und Regierungschefs auch auf den belgischen Premier Herman van Rompuy für das Amt des ersten EU-Ratspräsidenten. Deutschland und Frankreich erwarten sich dafür wichtige Ressorts in der neuen EU-Kommission unter José Manuel Barroso.

Entscheidend für die rasche Entscheidungsfindung war ein Treffen sozialdemokratischer Spitzenpolitiker, zu dem der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann geladen hatte. In letzter Minute konnte der britische Premier Gordon Brown in der österreichischen EU-Botschaft überzeugt werden, von seinem Vorgänger Tony Blair für den Posten des Ratspräsidenten abzurücken. Er habe als Ersatz den ehemaligen britischen Premier Geoffry Hoon als EU-Außenminister angeboten, hieß es. Vor allem Faymann und der sozialdemokratische Fraktionsführer im EU-Parlament, Martin Schulz, setzten sich dagegen für Ashton ein. "Eine besonders gute Entscheidung", freute sich der Bundeskanzler. Denn eine Frau in einer wesentlichen Entscheidungsposition der EU sei ein wichtiges politisches Signal.

Schon vor dem Treffen hatte Schulz angedeutet, dass der zuletzt als Favoriten gehandelte italienische Ex-Premier Massimo D'Alema aus dem Rennen ist. Gegen diesen hatte es wegen seiner kommunistischen Vergangenheit massive Vorbehalte aus den neuen Mitgliedsländern gegeben.

Auf Van Rompuy hatten sich die 14 Staatenlenker aus der Europäischen Volkspartei (EVP) offenbar bereits beim ihrem Treffen zum 20-jährigen Jubiläum des Mauerfalls in Berlin am 9. November geeinigt. Massiven Widerstand gegen den Belgier hatte es lange aus Großbritannien gegeben. Doch mit der Kandidatur seiner Vertrauten Ashton für das Amt des EU-Außenministers nahm sich Brown den Wind aus den Segeln. Er stimmte Van Rompuy zu, dafür bekommt er die Außenministerin, lautete der klassische EU-Deal.

Dass Ashton kaum außenpolitische Erfahrung hat und selbst in Großbritannien nicht sehr bekannt ist, wollte Faymann nicht als Argument gegen sie gelten lassen. "Viele Politiker werden erst mit ihrer Ernennung und konsequenten Arbeit bekannt und geachtet", ein gutes Beispiel sei die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Etwas anders sieht der italienische Ex-Kommissionspräsident Romano Prodi Ashtons Kür: "Eine unerklärliche Wahl, ich bin schockiert", sagte er nach der Niederlage seines Weggefährten D'Alema.