Mit dem Umbau der Mariahilfer Straße hat die grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou ihre Partei an den Rand des Abgrunds gebracht. Nun steht sie als strahlende Siegerin da. Eine Anerkennung.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 9 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Mehrere Male wiederholte sie diesen einen Satz: "Ich kann es noch gar nicht fassen, dass es vorbei ist." Als die grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou Freitagmittag auf der Mariahilfer Straße den letzten Stein der Umbauarbeiten verlegt, ziert ein breiter Grinser ihr Gesicht. Vassilakou versucht erst gar nicht ihre Freude zu verbergen. "Freude", das sei es auch, was ihr dazu einfällt, wenn sie die Fertigstellung der Begegnungs- und Fußgängerzone auf der Einkaufsstraße in einem Wort zusammenfassen müsste, sagt sie der "Wiener Zeitung".
Es sei ein langer Kampf gewesen, betont Vassilakou und zeigt immer wieder auf die ergrauten Stellen ihrer schwarzen Haare. Ein langer Kampf, bei dem ihr die Opposition jegliche Regierungskompetenz absprach, sie auf offener Straße von Passanten beleidigt wurde und über soziale Medien sogar Morddrohungen erhielt. Ein Mitglied des ÖVP-Wirtschaftsbundes "diagnostizierte" laut "Kurier" in einem Facebook-Posting der Verkehrsstadträtin eine Gehirnkrankheit und empfahl eine Giftspritze zur Euthanasie.
Bürgerkrieg in Wien
Von Vorarlberg bis Burgenland kannte man Vassilakous Gesicht. Und es ging das Gerücht um, dass in Wien bürgerkriegsähnliche Zustände herrschten. Die ersten Gegner würden sich bereits mit Ketten an Befestigungen entlang der Mariahilfer Straße anhängen, hieß es. Mit dem Umbau setzte Maria Vassilakou alles auf eine Karte. Wenn die Verkehrsberuhigung durch einen negativen Bürgerentscheid eine Absage erhalten hätte, wäre nicht nur der Rücktritt der Vizebürgermeisterin fällig gewesen, sondern höchstwahrscheinlich auch die rot-grüne Koalition in die Brüche gegangen. Ein Scheitern hätte aber vor allem das Ansehen der eigenen Partei in ihrer Regierungsrolle nachhaltig beschädigt. Die Grünen, die stets in der Opposition saßen und nun zum ersten Mal auf der Regierungsbank Platz nahmen, würden so den ultimativen Beweis antreten, dass sie dort eigentlich nichts verloren hätten.
Doch Vassilakou hat immer an den Erfolg des Projekts geglaubt. Sie hat sich auch nicht aus der Ruhe bringen lassen, als die Diskussionen ein Monat vor der Nationalratswahl 2013 auf die Bundes-Grünen abfärbten und dadurch der Partei die nötigen Wählerstimmen für das Ziel von 15 Prozent abhanden kamen.
Die Vizebürgermeisterin ließ sich nicht einschüchtern und stellte sich den Diskussionen auf der Mariahilfer Straße, die sie fast täglich besuchte. Vom roten Koalitionspartner, der sich das Projekt nun auch auf seine Fahnen heftet, gab es keine Unterstützung. Vielmehr bestand Bürgermeister Michael Häupl in seinen Wortmeldungen darauf, dass eine Begegnungszone auf der Mariahilfer Straße die falsche Lösung sei. Eine Begegnungszone, das würden die Wiener nicht verstehen, sagte er damals.
Vassilakou hingegen zweifelte keinen Moment daran, dass die Wiener nicht zu dumm für diese neue Form der Verkehrsordnung sein könnten. Sie setzte bewusst auf diese Form und somit auf die Mobilitätswende in der Stadt. Weg von der autogerechten Straße der 70er und 80er, wo Fußgänger und Radfahrer nur eine Nebenrolle spielen und der öffentliche Raum dem Pkw untergeordnet wird. Wo Menschen in ihren geschlossenen Fahrzeugen sitzen und sinnentleert auf Verkehrszeichen starren, die ihnen befehlen was sie zu tun haben.
Fehlende Verkehrszeichen
In Begegnungszonen wird hingegen die gegenseitige Kommunikation der Verkehrsteilnehmer gefördert. Autofahrer schaut auf Radfahrer, Radfahrer auf Busfahrer und Busverkehr auf Fußgänger. Das Spiel funktioniert auch umgekehrt und mit vertauschten Rollen. Es gibt keine Verkehrszeichen, die Regeln vorgeben, einzig die Geschwindigkeit ist auf 20 km/h begrenzt.
Dass sich die Grünen, sobald sie in der Regierung sind, für den öffentlichen Raum einsetzen würden, war keine Überraschung. Dass sich die Kleinpartei gegen den Widerstand von Opposition und Regierungspartner, trotzdem mit einem derartigen Megaprojekt durchsetzt, sehr wohl.
Vassilakou hat den Wienern etwas zugetraut und bewiesen, dass Politik auch ohne Angst vor schlechten Umfragewerten erfolgreich sein kann. Auch wenn es knapp war. Die grüne Vizebürgermeisterin steht nun zurecht als strahlende Siegerin da.
Am Samstag, dem 1. August (von 10 bis 19 Uhr) lädt die Stadt Wien zum großen Eröffnungsfest der "Mariahilfer Straße Neu". Es werden sowohl sportliche Aktivitäten als auch ein umfangreiches musikalisches Programm geboten. Im Bereich des Museumsplatzes wurde eine Kletterwelt aufgebaut. Dort findet das erste "ISFC Free Solo Master Mahü" statt, ein Wettbewerb, bei dem sich die weltweit besten Profis im Klettern messen - zum ersten Mal mitten in Wien. Auch kletter-unerfahrene Besucher sind willkommen und können die Kletterwände vor Ort ausprobieren. Um 9 Uhr geht es mit der 1. Qualifikation los, um 13 Uhr startet die 2. Qualifikation, um 17 Uhr ist das Halbfinale, um 19 Uhr das Finale und um 20.30 Uhr die feierliche Siegerehrung mit DJs von FM4.
Alfons Haider moderiert ab 11.30 Uhr auf der Radio-Wien-Bühne am Bundesländerplatz. Dort treten The Makemakes (ab 17.30 Uhr), Tagtraeumer (ab 15.30 Uhr), Solidtube (ab 11.30 Uhr) und "Falco-Darsteller" Michael Patrick Simoner (ab 14 Uhr). Im Abschnitt Kirchengasse bis Stiftgasse sorgt Gerngross & Partner für eine grüne Wiese mit vielen Liegestühlen und lädt die Besucher zum Picknick.
Ein weiteres Highlight ist ein Human-Soccer-Turnier mit menschlichen Spielfiguren. Der Turnier-Gewinner erhält zwei Karten für ein EM-Spiel in Frankreich. Zwischen Stiftgasse und Karl-Schweighofer-Gasse können die Besucher mit dem "Flying Fox" über eine Strecke von 75 Metern über die Mariahilfer Straße schweben. Im Abschnitt Neubaugasse bis Kirchengasse finden die kleinen Besucher die Okidoki-Kinderwelt mit dem Okidoki-Spielezoo, einem Luftballoncorner, einer Stylingbox, Malstation, Spielothek und Tom Turbo.
Zwischen Andreasgasse und Neubaugasse gibt es einen Slow-Bike-Contest. Weiter geht es von der Kaiserstraße bis zur Otto-Bauer-Gasse, hier findet man Street-Badminton, Bungee-Run, eine Kett-Car-Bahn, Sumo-Ringen, Riesen-Schach und eine Kultur-Lounge. Der Infostand der Mobilitätsagentur Wien bietet zwischen 10 und 18 Uhr Infos zum Thema Zu-Fuß-Gehen und Radfahren, auch die Filmdokumentation zur neuen Mariahilfer Straße wird vorgeführt. Und vor Peek & Cloppenburg findet um 14 Uhr und um 16 Uhr der Silly Walk Contest statt.
Eröffnungsprogramm