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Der Vorsitzende säuberte die Partei. / Er allein? / Stalin mordete Millionen. / Hatte er nicht wenigstens einen Berija bei sich? So hat Bertolt Brecht allerdings nicht gedichtet. Hingegen hat er nach dem Ende des sowjetischen Diktators die prosaische Bemerkung gemacht: "Den Unterdrückten von fünf Erdteilen . . . muss der Herzschlag gestockt haben, als sie hörten, Stalin ist tot. Er war die Verkörperung ihrer Hoffnung."
Es ist heute, 50 Jahre nach Stalins Tod, immer noch verblüffend und erschreckend, wie viele intelligente Menschen damals nicht sahen oder nicht sehen wollten, was doch zumindest außerhalb Russland schon offenkundig war und was
Milovan Djilas wenige Jahre später so formuliert hat: "Bei Stalin war jedes Verbrechen möglich, denn es gibt kein einziges, das er nicht begangen hätte."
In der am Montagabend auf ARD gesendeten Dokumentation "Stalin - Tod eines Diktators" kamen zwei russische Historiker zu Wort, die von Dokumenten berichteten, welche belegen, dass der "Vater der Völker" jede einzelne Terrortat zu Zeiten seiner Herrschaft persönlich angeordnet und deren Durchführung überwacht hat. Im Übrigen erfuhr man - entgegen der Programmankündigung - in dieser Sendung nichts Neues, zumal da in ihr wieder einmal der Versuch unternommen wurde, die Entwicklung des argwöhnischen, intriganten und gewissenlosen Psychopathen Stalin mit psychologischen Argumenten zu erklären. Josef, der Schreckliche hat Millionen Menschenleben vernichtet und Millionen Menschenherzen dazu verführt, ihn als gottgleichen Wohltäter zu verehren. Ist das zu erklären?