Pühringer, Pröll, Häupl.
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In den letzten Wochen wurde eine große Zäsur im kleinen Österreich besiegelt: Mit Johanna Mikl-Leitners Amtsantritt ist die Regentschaft von Erwin Pröll tatsächlich beendet. Nach 24 Jahren. So wie kürzlich jene von Josef Pühringer in Oberösterreich zu Ende ging. Nach 21 Jahren. Nur Michael Häupl in Wien ist noch im Amt. Wie seit 22 Jahren. Aber die Nachfolger drängen schon. Um es freundlich zu sagen.
Und immer wird dieselbe Frage gestellt: Werden die NachfolgerInnen den großen Fußstapfen ihrer Vorgänger gerecht? Tatsächlich aber ist diese Frage obsolet. Denn solche Fußstapfen sind nicht mehr zeitgemäß. Sie gehören einer anderen Ära an. Und diese andere Ära neigt sich gerade ihrem Ende zu.
Hier tritt nicht einfach eine Generation langsam ab. Das wäre sozusagen ein natürlicher, ein biologischer Vorgang. Tatsächlich aber ist der Vorgang viel grundlegender: Hier dankt ein Politikertypus ab. Diese drei lang gedienten Landesherrscher sind die letzten Ausläufer des Nachkriegspolitikers.
"WWF stellt Michael Häupl unter Artenschutz", so die "Tagespresse" treffsicher. Häupl und Konsorten sind die letzten Exemplare dieser Spezies.
Deren Merkmal, deren differentia specifica, lässt sich anhand der Frage bestimmen: Sollen demokratische Politiker sein wie jene, die sie wählen - oder sollen sie anders sein? Die Nachkriegsordnung beantwortete diese Frage bis vor kurzem eindeutig: Politiker sollten möglichst verschieden sein. Als Nachhall der Vorstellung, wonach die "Edelsten" im bürgerlichen Sinne, also nicht die Adeligen, sondern die Besten, die Klügsten die Geschicke des Landes lenken sollten. Churchill, Brandt oder Kreisky wählte man, weil sie anders waren, weil ihr Anderssein an Qualitäten wie Bildung und intellektueller Brillanz hing. Weil sie Autoritäten waren.
Die Nachfolgenden erfüllten immer noch das Kriterium des "Andersseins" - wenn sie es auch nicht mehr unbedingt mit Bildungs- oder sonstiger Exzellenz füllten. (Wobei Michael Häupl bekannt dafür ist, sein Wissen hinter seiner Volkstümlichkeit zu verstecken.) Ihr Anderssein, ihre Autorität rührte eher von der Rolle her, die sie übernahmen: Sie waren Vaterfiguren. Ihre Qualität war es, diese Rolle auszufüllen. Wie bei einem Vater sahen die Leute in ihnen jenen Versorger, der sich um sie kümmert, der ihnen Sicherheit versprach. Positiv betrachtet. Negativ gesehen verkörpern sie den Paternalismus von Machtmenschen, der die Leute entmündigt. Diese Zeit ist nun vorbei.
Ist diese Väterdämmerung Zeichen eines Fortschritts? Wenn man davon ausgeht, dass es hier eine Entsprechung von Angebot und Nachfrage gibt, dann wären die Abgänge der paternalistischen Landesherrscher ein Zeichen dafür. Ein Zeichen für mündige Bürger, für die Politiker nicht "anders", sondern auf Augenhöhe sein sollen. Diese mündigen Bürger gibt es. Aber zum jetzigen Zeitpunkt fallen diese verspäteten Abgänge auch mit einer ganz anderen Nachfrage zusammen. 23 Prozent sehnen sich laut neuesten Umfragen nach einem "starken Mann". Es ist dies die Nachfrage nach einem anderen Vatermodell - nicht mehr nach einem "gütigen", sondern nach einem "strengen Vater". Die Angebote stehen schon bereit.