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Väterkarenz stärken

Von Martina Madner

Politik

ÖVP- und SPÖ-Ministerien wollen mehr Beteiligung der Väter an der Karenz. Die Wege sind unterschiedlich.


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Wien. Eine Überraschung für Vorgesetzte und Kollegen war es schon, als Roman Fronhofer, technischer Angestellter im Industrieunternehmen IMS, den Wunsch äußerte, mit seinen heute 17 Monate alten Zwillingstöchtern Sophia und Maria in Väterkarenz gehen zu wollen: "Sie hatten aber Verständnis. Und mein Vorgesetzter damals hatte schon selbst gute Erfahrung mit der Kinderkarenz gemacht."

Familie Fronhofer wählte das einkommensabhängige Kindergeld-Modell. Seine Frau blieb zwölf Monate bei den Kindern, er selbst nun ein Jahr, davon zwei Monate bezahlt. Und er würde es anderen Vätern weiterempfehlen: "Man erlebt Dinge, die man im Büro nie miterleben würde. Zum Beispiel, wie viel Vertrauen die Kinder in einen aufbauen. Das war vorher nicht da." Als sich eine seiner Töchter das Knie angeschlagen hatte, kam sie weinend zum Vater, um sich trösten zu lassen: "Jetzt bin ich der Ansprechpartner", sagt Fronhofer stolz.

Deutlich mehr Mütterals Väter in Karenz

Die scheidende ÖVP-Familienministerin Sophie Karmasin freut sich über solche Vorzeigeväter: "Das ist sehr positiv: Aus der Sicht des Kindes, das zu Vater und Mutter eine intensive Beziehung aufbaut. Aus der Sicht des Vaters, der auch ein Recht auf Vereinbarkeit von Beruf und Familie hat. Und aus Sicht der Mutter: Mehr Väterbeteiligung bringt mehr partnerschaftliche Aufteilung der Hausarbeit und Kindererziehung in die Familie."

Trotzdem zeigt sich: Nicht alle Familien machen es wie die Fronhofers: Zwar gehen mittlerweile 19,4 Prozent der Väter auch in Karenz, 2016 waren es erst 19 Prozent und 2014 rund 17 Prozent. Was das Familienministerium mit diesen Zahlen aber nicht sagt: Mütter sind nach wie vor deutlich länger in Karenz als Väter. Betrachtet über den Zeitverlauf eines Jahres, das aktuellste ist 2016, zeigt sich: Von den insgesamt etwa 127.000 Kinderbetreuungsgeld-Beziehern waren im Jahresdurchschnitt nur knapp 6000 Väter — also 4,6 Prozent. Tatsächlich ist also nur jeder Zwanzigste, die sich zum selben Zeitpunkt in Kinderkarenz befinden, männlich.

Karmasin will ihrem Nachfolger zwar keinen Rat geben, würde aber den bisherigen Weg "konsequent fortsetzen": Die Anreize für Väter — ein Monat mit 700 Euro vergütete Familienzeit nach der Geburt und 1000 Euro Partnerschaftsbonus für Eltern, die sich die Karenz teilen — wirken lassen. Sozialminister Alois Stöger von der SPÖ reicht das nicht: "Wir wollen einen Rechtsanspruch auf einen Papamonat auch in der Privatwirtschaft. Das ist ein idealer Einstieg in die Väterkarenz."

Kritik aller Parteienan ÖVP-Kinderbonus

Uneins sind sich die Nochregierungsparteien auch bei anderen Familienmaßnahmen: Der von der Liste Kurz vorgeschlagene Steuerbonus von 1500 Euro für jedes Kind unter 18 Jahren erntete sogar geharnischte Kritik. Der Stein des Anstoßes: Er bringt laut Berechnung der Innsbrucker Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung Alleinerziehenden im Durchschnitt nur 56 Euro im Monat, weil sie weniger Familieneinkommen haben und damit weniger Steuer bezahlen. Paare erhielten dagegen 108 Euro.

ÖVP-Spitzenkandidat Sebastian Kurz hielt im ORF-Interview am Dienstagabend noch daran fest: "Wer 1500 Euro brutto im Monat verdient, der zahlt eben auch relativ wenig Steuern." Heute die Korrektur: Die Liste Kurz will nun die verpflichtende Weitergabe des Steuerbonus vom geschiedenen Vater an die Mutter verankern.

Das reicht den Neos nicht, Frauensprecherin Claudia Gamons Reaktion lautete: "Herr Kurz, die 50er Jahre haben angerufen, sie wollen ihr Frauenbild zurück." Die neue ÖVP sei beim Thema Familie sehr alt und konservativ unterwegs. Die Grüne Familiensprecherin Judith Schwentner habe "selten so gelacht. Die existenziellen Probleme von Alleinerziehenden dürften an Herrn Kurz bisher vorübergegangen sein".

Auch SPÖ-Frauenministerin Pamela Rendi-Wagner kritisierte die "hastige Kurskorrektur": "Konzepte zur Unterstützung von Alleinerzieherinnen fehlen im ÖVP Wahlprogramm völlig, offensichtlich wurden sie von der ÖVP einfach vergessen." Die SPÖ sieht eine Unterhaltsgarantie für Alleinerziehende vor, die keinen oder sehr geringen erhalten. Eine Forderung übrigens, für die sich Maria Stern, die nun auf der Liste Pilz kandidiert, seit Jahren einsetzt.