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Veranlagen - wenn es Sinn macht

Von Stefan Melichar

Wirtschaft
Gemeinden, die es sich leisten können, legen Geld für Investitionen und Kredittilgungen auf die Seite. Foto:bilderbox
© © Erwin Wodicka / Erwin Wodicka

Genügend Kapital und längerfristiger Anlagehorizont als Voraussetzung. | Bankexperte: Depotanalyse und Simulations-Test im Vorfeld.


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Wien. Keine Frage, zahlreiche österreichische Gemeinden haben in den vergangenen Jahren bei Geldanlagen alles andere als ein glückliches Händchen bewiesen. Dennoch muss nicht jedes Veranlagungsgeschäft der öffentlichen Hand als unverantwortliche Spekulation mit Steuergeld anzusehen sein. Schließlich kommt laufend Geld herein, das im Gemeindesafe von der Inflation angeknabbert und auf dem Bankkonto kaum Zinsen abwerfen würde. Und darüber hinaus gibt es für Gebietskörperschaften - wie für Privatpersonen - Situationen, in denen längerfristiges Ansparen für einen bestimmten Zweck Sinn macht.

Claudio Gligo, der bei Volksbank Investments für das Veranlagungsmanagement verantwortlich ist, versucht, für sein Haus österreichische Gemeinden als Kunden zu gewinnen. Dabei sollten laut dem Experten gewisse Grundvoraussetzungen gegeben sein.

"Es macht dann Sinn, wenn die Veranlagung längerfristig ist und das Geld nicht ständig abrufbar sein muss", erklärt Gligo im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Als Mindestzeitraum nennt der Veranlagungsmanager einen Bereich von drei bis fünf Jahren.

Zweite wichtige Voraussetzung sei, dass ausreichend Kapital vorhanden ist: Mindestens fünf Millionen Euro sollten es sein, damit es sich auszahle, die entsprechende technische Infrastruktur aufzubauen.

Externe Beratung

Wegen "gewisser Enttäuschungen" in der Vergangenheit würden Gemeinden bei größeren Veranlagungen nun verstärkt externe Berater heranziehen, so Gligo. Er empfiehlt den Gebietskörperschaften, im Vorfeld der Anlageentscheidung eine genaue Analyse des bestehenden Portfolios vorzunehmen, um mögliche Risiken und die Risikotragfähigkeit aufzuzeigen. "Wenn sich ein Kunde keinen Verlust erlauben kann, hat das einen großen Einfluss auf die Veranlagungsstrategie", meint der Experte. In einem solchen Fall könne eine Variante angedacht werden, bei der das eingesetzte Kapital garantiert bleibt, mit den erwirtschafteten Zinsen jedoch gewinnträchtigere - und damit riskantere - Investments getätigt werden.

Einfluss auf die Anlagestrategie habe es auch, wenn manche Kunden nur nach bestimmten Nachhaltigkeitskriterien oder ethischen Regeln investieren möchten, so Gligo. Bevor es zu einem Vertragsabschluss kommt, würde man das angepeilte Portfolio jedenfalls einer Marktsimulation unterziehen, "damit der Kunde sieht, wie es sich unter bestimmten Umständen entwickelt".

Viel Geld bei Kammern

Gängige Ansparziele für Gemeinden könnten bestimmte Investitionen oder auch Kreditrückzahlungen sein, meint Gligo. Ein Gesamtmarktvolumen für Österreich sei jedoch schwierig zu ermitteln, da große Schwankungen vorherrschen würden. Einen anderen Bereich des öffentlichen Sektors, diverse Kammern, sieht der Bankmanager ebenfalls als mögliche Kunden. Alleine die Ärztekammern sollen in ihren Wohlfahrtsfonds rund zwei Milliarden Euro veranlagen.

Trotz Spekulationsverlusten einiger Gemeinden muss Geldanlage für die öffentliche Hand kein Tabuthema sein