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Verantwortungslos

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Eine 10.000-Euro-Spende der Telekom (via Peter Hochegger) an den ÖAAB wird nun also mit dem Fall Kampusch verquickt. Das hört sich schon etwas seltsam an. Aber es hört sich vieles seltsam an, in diesem Land mit seinen vielen Töpfen und öffentlich gespeisten Fonds, an denen die politischen Parteien ihre vielfältigen nahestehenden Organisationen angesaugt haben. Es mag sein, dass auch der Staatsanwaltschaft mittlerweile der Kopf schwirrt ob der Fülle an Zahlungen an irgendwen und wegen irgendwas.

Wenn der ÖVP-Klubchef nun zu solch verbal-drastischen Mitteln greift, so stellt er eigentlich nur klar, dass es ihm an den Nerv geht. Viele Partei-Medien und Partei-Aktivitäten sind nur durch solche Zuwendungen am Leben zu erhalten. In den Bundesländern spielt sich das alles noch einmal ab. Wenn die Zuwendungen an die politischen Parteien mit 170 Millionen Euro beziffert werden, so ist dies nur die Spitze des Eisbergs.

Alle möglichen öffentlichen Töpfe werden angezapft, weil die politischen Parteien nach 1945 in viele Bereiche des Lebens eingedrungen sind. Ausbildung, Job, Wohnung und Freunde - alles boten die Parteien auf - sogar Banken, Autofahrerclubs und Sportorganisationen.

Landeshauptmann Franz Voves hat es bei seiner Rede am steirischen SPÖ-Landesparteitag kürzlich definiert: Die Politik hat den Menschen - zu Lasten der Eigenverantwortung - viel versprochen und viel geboten. Und viele Schulden dafür aufgenommen.

Nun müssen diese Töpfe verkleinert werden, um den öffentlichen Schuldenstand auf ein erträgliches und tragfähiges Maß reduzieren zu können. Und mit dieser Verkleinerung schrumpfen auch die angesaugten politischen und sonstigen Organisationen.

Was der gelernte Österreicher, der in den Polit-Biotopen bisher schwamm (meist parteiübergreifend), erst zögerlich begreift: Auch mit seiner höchst persönlichen Bequemlichkeit ist es vorbei. Er wird sich in Hinkunft um viele Dinge selber kümmern müssen, ÖVP/SPÖ und ihre Organisationen ziehen sich zurück. Derzeit reagieren viele Bürger verärgert und stärken die blaue Opposition. Doch auch die FPÖ wird es nicht wieder zurückbringen können -das lebenslange Paradies, gebaut auf ewigen Schulden und einem Mangel an persönlicher Verantwortung.