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Verbale Erstschläge

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Der biblische Spruch von US-Präsident Trump, mit "Feuer und Zorn" auf Nordkoreas Aggression zu antworten, hat die Börsen in den Keller geschickt; manche meinen, das sei die gefährlichste Situation seit der Kuba-Krise. Tatsächlich ist dieses nukleare Säbelrasseln beängstigend, vor allem weil zwei so vollkommen verrückte Charaktere aufeinandertreffen. Trump, neuerdings biblisch-esoterisch aufgeladen, trifft auf den vermutlich noch durchgeknallteren Kim Jong-un. Zwar versuchen das amerikanische Außenministerium sowie die Europäische Union, die Lage zu beruhigen; aber was, wenn einer der beiden seine apokalyptischen Visionen umsetzt?

Es zeigt sich am aktuellen Konflikt, dass die Diplomatie ihre Grenzen hat. Russlands Präsident Putin ist von ähnlichem Holz, aber klüger und kontrollierter. Er drohte nicht, sondern stahl der Ukraine die Krim. Er wird sie nicht mehr hergeben, allen Sanktionen zum Trotz. Aber er agiert vorsichtiger, macht auch Zugeständnisse, wenn die Wut der anderen zu groß wird. Vor allem aber droht er nicht mit nuklearen Waffen.

Das tut Kim und das tut nun auch Trump. Wobei der vermutlich schlechteste US-Präsident aller Zeiten so gut wie alles falsch macht, was falsch zu machen ist.

Seine Kritik an China, das Nordkorea nicht stärker in die Schranken weist, war kontraproduktiv. Zwar versuchte der US-Außenminister beim Asien-Gipfel zu kalmieren, aber sein Präsident fiel ihm wieder in den Rücken. Trump kommt in den USA immer stärker in Bedrängnis, der Sonderermittler Mueller rückt ihm praktisch täglich näher mit Erkenntnissen zur Russland-Connection des Immobilien-Spekulanten.

Was, wenn sich Trump entschließt, als eine Art innenpolitischen Befreiungsschlags Nordkorea anzugreifen? In solchen Situationen stellen sich alle relevanten politische Kräfte der USA meist hinter den Präsidenten.

Was, wenn Kim Jong-un verrückt geworden ist, und tatsächlich mit Waffen beladene Langstreckenraketen losschickt?

Die geopolitische Lage ist bedrohlich wie seit langem nicht. Ob die vernünftigen politischen Kräfte in den USA dem Präsident ins Ruder greifen, ist unsicher. Ob es in Nordkorea vernünftige politische Kräfte gibt, ist unbekannt. Sicher ist nur, dass ein solcher militärischer Konflikt niemals stattfinden darf. Trump soll sich friedliebende Stellen aus der Bibel suchen.