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Verbale Sackerl für überschätzte Gockel

Von Judith Belfkih

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Jetzt könnte man natürlich behaupten, "Mansplaining" sei ein rein männliches Problem. Die Frau, der die damit bezeichnete ungefragt aufgedrängte Belehrstunde widerfährt, schaltet einfach auf Durchzug, lässt die testosterongeschwängerte Verbaleruption mit ihr bestens bekannten Inhalten über sich ergehen, denkt sich: Na, wenn er das für sein Ego braucht, mir tut es ja nicht weh.

So einfach ist die Sache nicht. Denn das Selbstverständnis, das hinter dem Phänomen der Ego-polierenden Mitteilsamkeit steht, ist die Hauptursache für das zähe Voranschreiten der Gleichstellung der Geschlechter: die völlig unterschiedliche Selbsteinschätzung von Männern und Frauen.

Die schwedische Gewerkschaft hat ob dieser Erkenntnis jetzt eine temporäre "Mansplaining"-Hotline eingerichtet, über die man sich über allzu laut gackernde verbale Gockel beschweren kann. Die Gewerkschaft beruft sich auf eine Studie, wonach Männer dazu tendierten, ihre eigene Intelligenz zu überschätzen. Zudem sei ihre Selbstsicherheit größer als die von Frauen - vor allem, je älter ein Mann ist. Ausnahmen bestätigen auch diese Regel.

Wie also mit "Mansplaining" umgehen? Die schwedische Hotline hat wohl wenig Langzeitnutzen. Ihr Effekt entspricht eher dem wienerischen Sackerl, in das man seinen Frust reden kann. Schroffe Gegenbelehrung ist auch keine Lösung. Der Versuch, einfach der bessere Mann zu sein, hilft heute kaum noch einer Frau.

Statt Männer vorzuführen müsste es gelingen, Frauen zu motivieren, sich selbst nicht länger zu unterschätzen. Vielleicht ist Erkenntnis auch hier der erste Schritt zur Veränderung.