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Verbote - die besseren Aufseher?

Von Hermann Sileitsch

Wirtschaft

Nowotny (OeNB): Hochfrequenzhandel kann man nicht regulieren, nur verbieten.


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Wien. Staunen im Publikum. So klare Worte sind selten bei einem Notenbanker, selbst bei Ewald Nowotny. "Bei Highfrequency-Trading gibt es nichts zu regulieren, das ist zu verbieten", sagte der OeNB-Chef am Donnerstag bei einer Veranstaltung der Finanzmarktaufsicht (FMA) in Wien.

Highfrequency-Trading, damit ist der vollautomatische, computergestützte Wertpapierhandel gemeint, bei dem professionelle Investoren wie Hedgefonds mit Transaktionen in Millisekundenschnelle Gewinne erzielen. Das bringe keinen nachweisbaren ökonomischen Vorteil, so Nowotny. "In manchen Fällen kommt man mit einfachen Verboten besser voran, als mit differenzierten Regulierungen, wo immer wieder neue Auswege gesucht werden."

Als weiteres Beispiel nannte er Fremdwährungskredite, mit denen Österreichs Banken und Kreditnehmer gewaltige Risiken angehäuft haben. Auch diese seien "nur zu regeln, indem man sie de facto verbietet", so Nowotny. Solange eine Aufsicht nämlich Möglichkeiten einräume, versuche jeder Bankmitarbeiter im Kampf um Marktanteile regulatorische Lücken auszuloten. In Österreich hat die FMA früh gewarnt, faktisch untersagt und auf einen engen Kreis von Kreditnehmern beschränkt wurden Fremdwährungskredite im März 2010. Ab 2015 sollen nationale Aufseher hochriskante Produkte für Normalverbraucher generell verbieten können - bisher sind nur zeitlich befristete Verbote möglich.

"Branche ist nicht belastbar"

Die Finanzaufsicht ist momentan in einem gewaltigen Umbruch. Die Phase, in der Deregulierung ein Gebot der Stunde war und alles erlaubt, was nicht ausdrücklich verboten ist, ist vorbei. "Jetzt schlägt das Pendel zurück", sagte der neue Volksbanken-Chef Stephan Koren. Die Branche sei aber derzeit nicht sehr belastbar und dürfe nicht überfordert werden - die Krise dauere noch lange.

Selbstkritisch zeigte sich Julie Galbo von der Dänischen Finanzmarktaufsicht, die als besonders streng gilt. "Wir sind gescheitert", sagte sie. Bisher habe man viel zu sehr darauf geachtet, ob formale Richtlinien eingehalten werden und zu wenig auf tatsächliche Risiken geschaut. "Wir sind deshalb sehr gut darin festzustellen, dass ein Unternehmen tot ist." Jetzt gelte es, daraus Lehren zu ziehen.

Dabei drohe man an die Grenzen der Regulierbarkeit zu stoßen, warnte Nowotny. Sein Vorstoß zu klaren Verboten war Teil der Debatte darüber, wie die Aufseher mit den immer komplexeren und intransparenteren Produkten klarkommen. Bisher war die Folge, dass Banken und Versicherern noch mehr Berichte abliefern mussten - zum Leidwesen von Peter Hagen (Vienna Insurance Group) und Herbert Stepic (Raiffeisen International). Beide sind für eine starke Aufsicht, bezweifeln aber, dass der bürokratische Aufwand die Qualität hebt.

Guter Ruf der EZB in Gefahr

Also doch Verbote? Finanzstaatssekretär Andreas Schieder warnte davor zu glauben, dass diese in jedem Fall die Lösung seien. Er könnte sich aber Bereiche vorstellen, wo nur mit ausdrücklicher Erlaubnis spekuliert werden darf - etwa bei Nahrungsmitteln.

Die EU-Pläne für eine Bankenunion, wonach die EZB die Euro-Banken zentral beaufsichtigen soll, sieht Nowotny "grundsätzlich positiv". Er sorgt sich aber um "Reputationsrisiken" für die Zentralbank, denn Aufsicht sei ein undankbarer Job: "Sichtbar werden nur die Probleme."

FMA-Vorstand Helmut Ettl will, dass Osteuropas Banken zur neuen Aufsichtsstruktur eingeladen werden, schließlich sind Österreichs Großbanken in Osteuropa höchst aktiv. Sein Kollege Kurt Pribil bezweifelt, "dass die EZB 2014 die ihr zu übertragenden Aufgaben alle schon erfüllen kann".